Eines vorweg: Selten gab es eine Band, die dermaßen respektvoll die Vergangenheit und die Gegenwart aufgreift, ohne dabei zu einer identitätsarmen Sehtdochherwaswirkönnen-Klonfabrik zu verkommen. Denn einerseits lassen sich durchaus Parallelen von IQ bis zu GENTLE GIANT, von DREAM THEATER bis zu RIVERSIDE, von proggigsten QUEEN bis zu PORCUPINE TREE, von BEARDFISH bis zu KING CRIMSON, von YES bis zu alten GENESIS ziehen. Parallelen, welche niemals einfach nur aufgegriffen werden und in große Nacheiferei ausarten. Andererseits durchziehen die turbulenten Kompositionen beachtlich viele ureigene Elemente, die man so von Progbands leider nur noch selten hört. HAKEN geben dem Terminus Progressivität mal so nebenbei wieder seine Bedeutung zurück - und das gelingt nur noch wenigen Bands in der Progszene wirklich.
Zwar gingen auch experimentellere Kapellen wie DIABLO SWING ORCHESTRA offenbar nicht spurlos an der Londoner Band vorbei, und dass zwei der Bandmitglieder auch bei TO-MERA ihr Unwesen treiben, ist nicht von der Hand zu weisen - doch mit einer solchen Frische, wie jener, mit der HAKEN agieren, überrascht in unerwartet hohem Maße.
Hier und da verwurschteln die sechs gerne auch mal dezente Electronica in den Sound, lassen etwas Indie-Spirit walten oder gehen ihrer humoristischen Ader nach, und das verleiht der dritten, dem Debüt "Aquarius" und dessen Nachfolger "Visions" folgenden Scheibe eine erfreuliche Vielseitigkeit. Und selbst wenn das Sextett in virtuoseste Virtuositäten abdriftet, wirkt das Ganze niemals narzisstisch, sondern stets echt, unverkrampft und gänzlich ohne Nickelbrille und Stock im Arsch.
FAZIT: Etwas Oldschool, etwas Futuristik, viel Eigenaroma und endlos viel Feeling lassen HAKEN zu Recht als die neue Prog-Hoffnung dastehen, als die sie allerorts gehandelt werden. HAKEN hören ist ein wenig so, als säße man wie ein kleines Kind unterm Weihnachtsbaum, in den glasigen Augen spiegeln sich der Kerzenschein und die glänzenden Kugeln - und dieses kleine Kind packt ein Geschenk nach dem anderen aus. Jedes einzelne eine Überraschung. Eine echte solche. Und es strahlt und ist glücklich.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.09.2013
Thomas Mac Lean
Ross Jennings
Richard Henshall, Chrarles Griffiths
Richard Henshall, Diego Tejeida
Raymond Hearne
InsideOut Music
69:19
30.08.2013