Wenn in einem Review gleich zu Beginn die Wörter „VAN CANTO“, „moderner Power Metal“ und „klassische Interpretationen fallen“ – wie viele der Leser bleiben da nach der dritten Zeile wohl noch treu und verfolgen das Geschriebene weiter? Egal, Du jedenfalls gehörst nicht zu den Aussteigern – was bedeutet, dass Du vermutlich entweder Katastrophentourist oder VAN-CANTO-Fan bist.
Um nicht falsche Erwartungen zu wecken: Die Katastrophentouristen dürfen gleich weitersurfen, denn an „Opus I – All My Kingdoms“, dem Debüt von HEAVATAR, gibt’s nur wenig auszusetzen. Auch wenn Stefan Schmidt als Bandleader der A-capella-Metaller von VAN CANTO manchem als einer der Spaltpilze der Metalszene erscheinen mag (Hobbits und so, ihr wisst schon), bietet er mit seiner neuen Band keinerlei Angriffsfläche – wenn man sich denn auf das rein Musikalische beschränkt, wobei das ja leider vielen Kritikern ganz gerne mal schwer fällt.
Musikalisch zocken HEAVATAR, bei denen übrigens mit Jörg Michael ein alter Bekannter hinter den Drums sitzt, Power Metal, der angesichts der musikalischen Herkunft Schmidts oftmals überraschend heftig rifft und kraftvoll treibt. Im instrumentalen Bereich werden jedenfalls keine Gefangenen gemacht, käsige Parts sucht man hier vergebens, manches Mal wird man an Bands wie ICED EARTH erinnert – auch weil Schmidt Stimme der von Matt Barlow (gibt’s eine andere Stimme, die man im Zusammenhang mit ICED EARTH erwähnen möchte?) nicht ganz unähnlich ist.
Was natürlich den Gesamtsound dann doch recht massiv in eine andere Richtung drückt, sind die Chöre. Die sind, wen wundert’s, teilweise sehr massiv angelegt und erinnern mehr als nur einmal an BLIND GUARDIAN, ORDEN OGAN und natürlich VAN CANTO, wobei sich deren „ratatatata“ und Co. erfreulicherweise nur sehr selten auf die Aufnahmespuren geschummelt hat. Dass acht der neun Songs als musikalische Hommage an klassische Stücke von van Beethoven, Bach, Bizet und Paganini komponiert wurden fällt mal mehr, mal weniger stark ins Gewicht, anders als beispielsweise bei YNGWIE MALMSTEEN steht aber immer der eigene Song im Mittelpunkt, nicht das Gedudel oder die klassische Komponente. Besonders gut gelungen ist das mit dem Longtrack „The Look Above“, dem Titeltrack oder dem Opener „Replica“, wobei man sagen muss, dass „All My Kingdoms“ eine durchgehend hohe Qualität aufweist – mit Ausnahme des letzten Stücks „To The Metal“. Hier gibt’s keine GAMMA-RAY-Coverversion, sondern eine höchst entbehrliche Hommage an die metallischen Vorbilder der Band. Wo SABATON das noch mit einem deutlichen Augenzwinkern hinbekommen, ihren musikalischen Vorbildern zu huldigen, verkommt das bei HEAVATAR zu einer eher verkrampften Angelegenheit.
FAZIT: Klammert man „To The Metal“ mal aus, bietet „Opus I – All My Kingdoms“ erstklassigen Stoff, der, angesiedelt zwischen zeitgemäßem und überraschend heftig instrumentiertem Power Metal und refrainorientiertem Großchor-Metal, richtig Spaß macht.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.02.2013
David Vogt
Stefan Schmidt
Sebastian Scharf, Stefan Schmidt
Jörg Michael
Napalm Records
48:39
22.02.2013