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Hell: Curse & Chapter

Stil: Heavy Metal

Cover: Hell: Curse & Chapter

„Human Remains“, das mit jahrzehntelanger Verspätung vollendete Debütalbum der NWOBHM-Undergroundlegende HELL sackte an dieser Stelle im Jahre 2011 die maximal mögliche Punktzahl ein. Aus heutiger Sicht waren die 15 Punkte sicherlich um zwei, drei Zähler zu hoch gegriffen, doch die Spannung vor dem Nachfolger „Curse & Chapter“ war dennoch groß. Nachdem man den Erstling ausschließlich mit uralten Tracks bestücken konnte, musste man dieses Mal wieder aktiv ins Songwriting einsteigen – und somit die Kritikschleusen für die Ultra-Traditionalisten öffnen.

Denn eines ist für die Hüter der allerreinsten Lehre klar: So wie früher wird’s nie wieder sein, und was im Jahr 2013 erdacht und erschaffen wurde, das kann nur schlechter sein. Aus einigermaßen objektiver Sicht muss man allerdings (mal wieder) konstatieren: Das ist natürlich grober Unsinn. Denn auch wenn der Gitarrensound auf „Curse & Chapter“ eine Spur moderner – immerhin spielt Andy Sneap nicht nur Gitarre bei HELL, sondern sitzt auch auf dem Produzentenstuhl – tönt als auf dem Vorgänger, auch wenn die Songs insgesamt weniger düster und kauzig ausgefallen sind, auch wenn die absolvierte Tour im Vorprogramm von ACCEPT spürbare Folgen auf den HELL-Sound hatte: „Curse & Chapter“ hält den hohen Standard von „Human Remains“.

Der größte Kauz an Bord ist immer noch Sänger David Bower, der wie gewohnt in exaltierter Theatralik durch die Strophen und Refrains wuselt, so, als wolle er die Lyrics gleich auch noch in darstellerischer Form präsentieren. Der Mann kommt vom Theater, und das Theater steckt in ihm drin – was zweifelsfrei ein Markenzeichen der neuzeitlichen HELL ist. Leicht erhöht wurde neben dem reinmetallischen Anteil auch der Beitrag der Keyboards, die hier und dort mehr als nur schmückendes Beiwerk sind, nicht mehr ausschließlich für ein düsteres Klangszenario sorgen, sondern aktiv zur Melodieführung beitragen.

Dass HELL ihren Fundus an veröffentlichungsreifen Stücken komplett geplündert haben, führt zu keinen qualitativen Abstrichen. Klar, alte Perlen wie „Land Of The Living Dead“ und „Deliver Us From Evil“ ragen heraus, sind einerseits garantierte Live-Hymnen (ersterer) oder verrückt-vertrackte Absonderlichkeiten (zweiterer). Doch letztlich ist es fast egal, ob die Songs Überreste der frühen HELL sind oder in der heutigen Besetzung entstanden sind: Mit dem furiosen Hit „The Age Of Nefarious“, der melodisch-komplexen Abrissbirne „Darkhangel“, der Melodie-Göttergabe „End Ov Days“, dem brachialen, MORGANA-LEFAY-Spirit transportierenden „Something Wicked This Way Comes“ und den bereits vorher genannten Tracks gibt es genügend Hochkaräter, so dass der eine oder andere eher durchschnittlichere Song zu verschmerzen ist.

FAZIT: Die in die blauen Kuttengewänder der Ultraorthodoxen gehüllten, selbst ernannten Szenewächter werden Gift und Galle spucken angesichts der Tatsache, dass „Curse & Chapter“ wieder mal mehr nach Andy Sneap als nach Proberaum 1981 klingt. Alle anderen werden darüber nur schmunzeln können. Das zweite HELL-Album läuft jedenfalls höchstens minimal hinter „Human Remains“ durchs Ziel. Und angesichts der Tatsache, dass das Songwriting auch heutzutage noch klappt, darf man durchaus hoffen, dass die Briten den Sprung aus dem Gestern ins Morgen auch wirklich problemlos schaffen.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.11.2013

Tracklist

  1. Gehennae Incendiis
  2. The Age of Nefarious
  3. The Disposer Supreme
  4. Darkhangel
  5. Harbinger of Death
  6. End Uv Days
  7. Deathsquad
  8. Something Wicked This Way Comes
  9. Faith Will Fall
  10. Land of the Living Dead
  11. Deliver Us From Evil
  12. A Vespertine Legacy

Besetzung

  • Bass

    Tony Speakman

  • Gesang

    David Bower

  • Gitarre

    Kev Bower, Andy Sneap

  • Keys

    Kev Bower

  • Schlagzeug

    Tim Bowler

Sonstiges

  • Label

    Nuclear Blast

  • Spieldauer

    59:54

  • Erscheinungsdatum

    22.11.2013

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