„Silent Revenge“ – ein irgendwie unpassender Titel für das vierte Album der brasilianischen Power-Metaller HIBRIA, denn „lautlos“ ist auf dem wuchtigen und energiegeladenen Longplayer nichts.
Trotz einiger Line-Up-Wechsel in der jüngeren Vergangenheit wirkt das Quintett in höchstem Maße tight und eingespielt, agiert weitgehend unwiderstehlich in neun Tracks, die zwar im Großen und Ganzem dem melodischen Power-Metal-Segment zugeschrieben werden können, die aber dennoch eine breite stilistische Spreizung aufweisen. Nur zu gerne hat die Band den Fuß auf dem Gaspedal, lässt dazu Gitarrenriffs mit modernem Anstrich erklingen – das geht in punkto Härtegraden deutlich über das hinaus, was ansonsten im Bereich des Melo-Power-Metal geboten wird. Der eröffnende Titeltrack, „Walking To Death“ oder „Silence Will Make You Suffer“ etwa sind gelungene Beispiele für rasiermesserscharfe Uptempo-Tracks.
Die Band begeht aber nicht den Fehler, sich allein auf das Hartkochen von Eiern zu verlassen. Geschickt werden auch mal vertrackte Passagen eingestreut, und immer wieder auch die Handbremse angezogen. In „Shall I Keep On Burning“, das in der Europa-Version auch als Akustik-Bonus enthalten ist, wird die Grenze zum Kitsch schon deutlich überschritten. Ansonsten beweist die Band aber ein Gespür für unaufdringliche Melodien – einen rauen Ohrwurm wie „The Scream Of An Angel“ würde man gerne von etablierten Bands wie GAMMA RAY einmal wünschen.
FAZIT: Melodie trifft Härte, 80er-Jahre reichen dem Hier und Jetzt die Hand: HIBRIA sitzen stilistisch vielleicht ein wenig zwischen mehreren Stühlen, agieren aber mit Herzblut und Energie. Wer sich einen Sound zwischen aktuellen VICIOUS RUMORS und europäischen Power-Metal-Outfits vorstellen kann, der liegt bei „Silent Revenge“ richtig.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.07.2013
Benhur Lima
Iuri Sanson
Abel Camargo, Renato Osório
Eduardo Baldo
AFM Records
49:10
26.07.2013