Ein weiteres Prog-Livealbum, ein weiteres Mal Szene, die im eigenen Saft schmort: IOEARTH haben ihren Auftritt beim RoSFest 2012 in den Vereinigten Staaten mitgeschnitten und im hübschen Digipack mit einem Sound veröffentlicht, der nicht weniger nach einem Rockkonzert klingen könnte.
Natürlich hat man es bei der Band nicht mit schweren Jungs und einem verruchten Mädel zu tun, aber die Nachproduktion von "Live In The USA" ist so sauber ausgefallen, dass man nur hoffen kann, alles gehe mit rechten Dingen zu. Der Reiz einer Gig-Nachlese erschließt sich im Zusammenhang mit IOEARTHs Ethno Prog ohnehin nur schwerlich, weil die oft Soundtrack-artige Musik weniger für eine Bühnenumsetzung geschaffen ist als zum Fallenlassen unterm Kopfhörer. Die aufwändigen Kompositionen der Gruppe bieten kaum improvisatorische Freiräume, die das Hören einer Live-Scheibe spannend machen würden.
So kommunizieren Dave Cureton und Claire Malin selten mit den Zuschauern, die indes artig beklatschen, was IOEARTH auf die Beine stellen - und das kann sich natürlich in jedem Fall ungeachtet der angeführten Bedenken hören lassen. Der Querschnitt durch die bislang zwei Studioalben des Projekts funktioniert, weil das Kernduo (neben Dave zieht Adam Gough die Strippen) die Stücke dynamisch angeordnet hat und somit einen zwingenden Spannungsbogen beschreibt - umso wichtiger angesichts mehrerer Epen wie "Live Your Life Part 2" und dem wirklich großen Finale "Harmonix".
Trotz des erweiterten Instrumentenparks und einiger Gimmicks wie dem Muezzin-artigen Gesang während "Cinta Indah" sind IOEARTH nicht vor Längen gefeit, doch dies bemängeln Kostverächter ja auch bei DEAD CAN DANCE, denen die Band insbesondere während der ruhigen Parts - derer gibt es sehr viele - und aufgrund der häufig nur Silben trällernden Chanteuse nahesteht. So erweist sich der hinzugezogene Bläser Shingler als heimlicher Star auf den Brettern, denn er verleiht den Highlights, allen voran dem finster treibenden "EEEE", mehr Biss als die programmatischen Unisono-Parts der Gitarristen während "Light And Shade" oder das ebenso sklavisch stiltreue FLOYD-Versatzstück "Storyteller". Zumindest taut die Atmosphäre zum Ende des Sets hin allerdings auf, und dass sich die Gruppe im gegebenen Rahmen ein wenig gehen lässt, macht sie wiederum sympathisch.
FAZIT: Besser als mit dieser Aufbereitung kann man es vermutlich nicht machen, wenn man opulenten und von vielem Equipment abhängigen Progressive Rock spielt wie IOEARTH. "Live In The USA" zeigt entgegener seiner zunächst vermittelten Distanziertheit eine spielfreudige Band, die bei aller Perfektion auch laut werden kann und ihre wahrlich nicht kompakte Weltmusik recht kurzweilig ins Rund haut. Darf man vielleicht weniger als Fan haben, dafür aber zur schnellen Erfassung des bisherigen Schaffens der Band ...
Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.06.2013
Christian Nokes
Claire Malin
Dave Cureton, Adam Gough
Dave Cureton, Adam Gough
Richard Cureton
Luke Shingler
Just For Kicks
77:40
31.05.2013