Das famose Debütalbum von JESS AND THE ANCIENT ONES ist noch kein Jahr alt, da schieben die Finnen schon eine EP mit dem Titel "Astral Sabbat" nach. Darauf finden sich zwei neue Songs sowie eine Coverversionen eines SHOCKING BLUE-Songs. Sinn und Zweck dieser Veröffentlichung ist nicht der schnelle Euro, sondern der Wunsch der Band, diese drei Songs besonders in den Fokus zu rücken. Was angesichts der zwei grandiosen Eigenkompositionen ein mehr als begrüßenswertes Unterfangen ist.
Dass JESS AND THE ANCIENT ONES verdammt gute Songschreiber sind, machte das Debütalbum mitunter schon deutlich, mit dieser EP wird dies jedoch überaus eindrucksvoll manifestiert. Der Titeltrack beginnt mit rituellem Getrommel und einem wabernden Bass, mit den Gitarren setzt dann aber eine herrliche Orgel ein. Stilistisch irgendwo zwischen den 60ern und 70ern angesiedelt, begeistert der spukige Refrain mit fantastischen Gesangslinien und geht so schnell nicht mehr aus dem Ohr. Der Songs steigert sich jedoch noch weiter und geht nach einem grandiosen Orgelsolo in einen Tarantino'esken Part mit Surf-Gitarren über. Geiler Song, der garantiert auch live zu einem Höhepunkt avancieren wird. "Long And Lonesome Road" von der niederländischen Rockband SHOCKING BLUE (deren "Venus" dürfte jeder kennen und sei es aus der Damenrasiererwerbung) zeigt die Einflüsse von JESS AND THE ANCIENT ONES deutlich auf, der sanft swingende Song wird ebenfalls von tollen Orgeln geführt und hat einen einprägsamen, schönen Refrain.
Dass die Finnen das Talent dazu haben, lange, fesselnde Epen zu schreiben, weiß man seit "Sulfur Giants (Red King)", dem Highlight des Debütalbums. Diesem Übersong wird nun mit "More Than Living" ein ebenbürtiger Nachfolger zur Seite gestellt. Zwar fehlt hier der alles überragende Refrain, dafür ist der Song in seiner viertelstündigen Dramaturgie einfach der helle Wahnsinn. Balladesk, mit Klavier und sanften Gitarren startend, setzt zunächst Jess' entrückter Gesang ein. Nach zweieinhalb Minuten zieht das Tempo kurz an, danach geht es erst zunächst zurück zur Sanftheit, um den Hörer dann mit betörenden Gesängen zu umgarnen. Der Songs steigert die Intensität und baut immer mehr Spannung auf, in dem er das instrumentale Anschwellen erst andeutet, dann wieder zurücknimmt um erneut zuzulegen. Eben so, wie bei gutem Sex, bei dem man sich dem Höhepunkt annähert, aber immer mal wieder auf die Bremse tritt, um das Unvermeidbare so lange es geht hinauszuzögern. Und genau so, wie man(n) irgendwann an den Point-of-no-return kommt, geht es in den letzten fünf Minuten von "More Than Living" dann richtig rund, das Tempo wird kräftig angezogen, Gitarren, Orgeln und Gesang duellieren sich in Ekstase, bevor der Song sich wieder ruhiger werdend langsam dem Ende nähert.
FAZIT: Natürlich wird es auch weiterhin die Nörgler geben, für die das alles viel zu retro, vintage, was auch immer ist. Natürlich verwenden JESS AND THE ANCIENT ONES diverse Stilmittel, die man aus vergangenen Zeiten kennt, doch in Kombination mit dem offenbar immer besser werdenden Songwriting haben sie die inzwischen zu ihrem eigenen, unverkennbaren Stil entwickelt. Diese EP jedenfalls ist einfach nur großartig!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.02.2013
Fast Jake
Jess
Thomas Corpse, Thomas Fiend, Von Stroh
Abraham
Yussuf
Svart / Cargo
24:23
22.02.2013