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Kadavar: Abra Kadavar

Stil: Hardrock

Cover: Kadavar: Abra Kadavar

Es hat etwas von einem schäbigen Gimmick, dass das Label KADAVAR als Zeitreisende vermarktet, die den Sound von einst authentisch aufleben lassen, denn das tun diverse perfekt aufgezogene Tribut-Veranstaltungen mit Bezug auf alte Rock-Heroen ebenfalls, während sie wie Gala-Bands durch die Lande ziehen und sich teuer die fremden Federn bezahlen lassen. Ernsthaftes Künstlertum ist folglich etwas anderes, und ob diese Berliner gegenwartsbezogene, also auch über den Trend hinaus zukunftsträchtige Musik machen - davon kann ihr zweites Album gewiss eher Zeugnis ablegen als ihre mit der Tür ins Haus gefallenen frühen Aufnahmen. "Abra Kadavar" (gähn ...) wurde wie gewohnt live eingespielt, und wer glaubt, Nuclear Blast hätten der Band einen aktuelleren Sound spendiert, der irrt. Die Songs klingen recht höhenlastig, aber nicht unangenehm, die Band tighter als auf ihrem Einstand.

Das eröffnende "Come Back Life" verwandelt sich vom Uptempo-Hauruck dank eines smarten Tempowechsel kurzzeitig in einen Garagen-Stampfer der Marke Jack White, das folgende Doppel aus "Doomsday Machine" sowie "Eye Of The Storm" (rein instrumental) poltert eher geradlinig wie BLUE CHEER einher, und "Dust" ist den verspielten BLACK SABBATH zu ihrer Hochphase der Stimmführung wegen wohl am nächsten. Eigentlich entziehen sich KADAVAR mit diesen Stücken jedoch etwaigen Doom- oder gar Stoner-Bezügen weiter. Einzig das PENTAGRAM-Gedächtnis "Fire" lässt sich in diesem Nimbus verorten, doch die Combo orientiert sich strukturell und klanglich vielmehr an der Garagen-Ära und den Bands aus der zweiten bis dritten Reihe, nicht an den Rädelsführern des sogenannten Classic Rock.

"Black Snake" ist hingegen ein eher dröger Call-and-Response-Blues im Unisono aus Gesang und Gitarre, doch davon abgesehen fällt die Lead- und Solo-Freudigkeit von Frontmann Lupus angenehm auf. Muss er singen, nimmt er sich natürlich ein wenig zurück. Seine Texte zeigen überraschenden Wortwitz mit - was sonst? - Vergangenheitsbewusstsein ("Hello darkness my old friend, I won't talk to you again"), scheinen aber zuvorderst Makulatur zu sein und passenderweise archaische oder allgemeingültige Themen zu bemühen. "Liquid Dream" klingt mit Farfisa-Orgel nach härteren 13TH FLOOR ELEVATORS, und auch das fuzzige "Rhythm For Endless Minds" (mit "Planet Caravan"-Gesangseffekt) geht in eine psychedelische Richtung. Dass das ebenfalls gesangslose und trippige Titelstück am Ende ähnlich groovt wie "Sabbra Cadabra" oder "Supernaut", ist sicherlich nur Zufall, das Fehlen eines nudeligen Longtracks ein großes Plus dieser durchweg guten Scheibe. LP-Freaks bekommen noch "The Man I Shot" als Bonustrack.

FAZIT: KADAVAR sind nicht die einzigen, die "echt wie damals" klingen, momentan aber diejenigen mit dem medienwirksamsten Auftreten. Falls sie sich auch über den Retro-Boom hinweg behaupten könnten, wäre dies angesichts ihrer ausnahmslos überzeugenden Musik nicht das Schlechteste. Dennoch fehlt ihnen subjektiv betrachtet irgendwie die zeitgenössische Relevanz, wenn man als Hörer nicht viel von Eskapismus in alte Zeiten hält ... Worin besteht die Aussage? "Seht her, so war das" zu sagen, nur weil die Gegenwartsmusik ach so schlecht sei, ist diesem Rezensenten zu wenig.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.04.2013

Tracklist

  1. Come Back Life
  2. Doomsday Machine
  3. Eye Of The Storm
  4. Black Snake
  5. Dust
  6. Fire
  7. Liquid Dream
  8. Rhythm For Endless Minds
  9. Abra Kadavar

Besetzung

  • Bass

    Mammut

  • Gesang

    Lupus Lindemann

  • Gitarre

    Lupus Lindemann

  • Schlagzeug

    Tiger

Sonstiges

  • Label

    Nuclear Blast / Universal

  • Spieldauer

    41:17

  • Erscheinungsdatum

    12.04.2013

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