Der Förderer dieser seit 2005 bestehenden Gruppe aus dem italienischen Siena heißt Paolo Carelli und sang bei PHOLAS DACTYLUS, einer der vielen Kultbands in Sachen Rock Progressivo Italiano.
Der Titel des Albums bezieht sich auf ein Ritual der Erleuchtung, und dieser kommt das Spiegelkabinett (so der Bandname übersetzt) mit einer Mischung aus finster synthetischem Progressive der Keyboard-schwangeren Art nahe, doch das ist längst nicht die einzige Zutat. Der Gesangsstil des alten Herren ist eigentlich keiner, weil sich Carelli im Rezitativ ergeht und "Hanblecheya einen narrativen, Soundtrack-artigen Charakter verleiht. "Eclissi pt. 1" beginnt dementsprechend auf einer dräuenden Note (so endet das Album auch mit dem zweiten Teil), doch schon La maschera della visione" klingt verspielter und baut einen Sound-Wall auf, wie man ihn aus dem Post Rock kennt, nur viel feinfühliger und virtuoser, eben mit den Mitteln von Fusion und klassischem Prog geschulter Musiker.
LABIRINTO DI SPECCHI bauen gewaltige Spannung auf, reisen aber gleichzeitig über vorstellbar saftig grüne Landschaften mit starken Höhenunterschieden. "Fantasia" berührt mit Geigenspiel besonders tief und ist unter den ausnahmslos überlangen, fließenden Stücken das am leichtesten fassbare, auch wegen seines tänzelnden Rhythmus mit mediterraner Akustik-Gitarre und bundlosem Bass. Gleich darauf folgt indes der Gegenpol und ein Ausnahmestück der Scheibe: "Nel nulla etereo soggiogato dall'ignoto la mente si espande" ist industrieller Lärm mit wenig Text und über sieben Minuten hinweg eigentlich nicht genießbar, aber innerhalb des Konzepts als Stimmungsachse folgerichtig.
Mit "Purpurea" treiben LABIRINTO DI SPECCHI den Puls ein wenig in die Höhe, indem sie dem schillernden Rumpfgerüst einen rockigen Rhythmus anheimstellen und einen fieberhaften Charakter verleihen. Da die Gitarren jedoch immerzu im Hintergrund bleiben, wäre es vermessen, das Ensemble im harten Kontext zu verorten. Es erzielt seinen erwünschten Effekt - einen ähnlichen wie bei Krachschlägern - schlicht auf andere Weise. Das die Combo erstaunlicherweise kurz "Achilles' Last Stand" von LED ZEPPELIN antäuscht, macht sie indes sympathisch, denn trotz ihres hohen Anspruchs möchte sie nicht verkopft klingen, was ihr auch gelingt.
Für das 19-minütige Epos "Foll(i)a" gehört der Konsument mit einer guten Stereoanlage in einen dunklen Raum eingesperrt. Es beginnt mit der Eleganz der sowieso vergleichbaren DJAM KARET und verzeichnet spätestens zur Hälfte die kraftvollsten Ausschläge, verharrt aber dank Cello und Klavier immerzu im beschaulich Konzertanten. Wah-Wah-Bass und Synthesizer in Schichten tragen weitere Klangfarben auf, bevor LABIRINTO DI SPECCHI mit Unterwasser-Becken in unerschlossene Gefilde aufbrechen ... was ihr Anliegen insgesamt zu sein scheint, und diesem Anspruch werden sie auf wunderbare Weise gerecht.
FAZIT: "Hanblecheya" ist ein akustisches Abenteuer und Kopfhöreralbum vom Feinsten. Mit LABIRINTO DI SPEECHI darf man wochenlang seine Freude haben und danach ebenfalls immer wieder. Wem IL GIARDINO ONIRICO oder UNIVERSAL TOTEM ORCHESTRA gefallen, der muss auch hierfür Zeit opfern und darf sich belohnt sehen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2013
Filippo Menconi
Pauolo Carelli
Gabriele Marroni, Luca Crezzini
Andrea Valerio
Raffaele Crezzini
Lizard
69:08
04.02.2011