LACRIMAS PROFUNDERE sind eine der alteingesessensten Gothic-Rock-Bands aus deutschen Landen - "Antiadore" ist bereits das zehnte Album der Kapelle um Gitarrist Oliver Nikolas Schmid. Und wenig überraschend ist es musikalisch eine mehr als souveräne Angelegenheit geworden und hat im Grunde genommen alles zu bieten, was man von dieser Art Musik erwartet. Erfreulicherweise tönt es auch relativ hart, was wohl eine Folge der Zusammenarbeit mit Hiili Hiilesmaa, der bereits mit HIM, APOCALYPTICA und THE 69 EYES gearbeitet und hier die Vorproduktion übernommen hat, Corni Bartels (kennt man von seiner Arbeit mit END OF GREEN), mit dem man in München aufgenommen hat und Tue Madsen, der gemischt und gemastert hat, ist.
Die genannten Bands sind darüber hinaus ein guter Anhaltspunkt, denn LACRIMAS PROFUNDERE liegen ziemlich genau zwischen HIM (sind aber härter) und END OF GREEN (sind aber weniger dreckig). Und weil "Antiadore" deutlich kraftvoller und abwechslungsreicher als die letzte HIM ist, ist es auch klar besser. Das Songwriting bewegt sich durchgängig auf hohem Niveau, jedoch ohne Spitzen nach oben oder unten - sprich es gibt keinen Ausfall, aber auch keinen besonderen Song, der das Album auf eine höhere Stufe heben würde. Aber das muss ja auch nicht sein. Die Palette reicht von balladesken über getragen rockende bis flott abgehenden Songs - also alles, was man sich so wünscht. Spannend ist, dass die Keyboardsarrangements, die oft der Atmosphäre förderlich sind, dezent an die weniger harten Sachen von DARK TRANQUILLITY erinnern. Sänger Roberto Vitacca macht ebenfalls einen tadellosen Job, er kann schmachten wie Ville Valo, seiner Stimme aber auch rauere Töne entlocken, allerdings ist sie aber auch nicht ganz unverkennbar. Auch an der Leistung von Schmid und seinem Sidekick Tony Berger gibt es gar nichts auszusetzen, die Gitarren tönen wie gesagt verhältnismäßig hart und auch spielerisch ist das makellos.
Ist jemandem das "Aber" aufgefallen, das die ganze Zeit mitschwingt? Die Wortschöpfung "Antiadore" bedeutet offenbar nichts anderes als "schwerer Liebeskummer". Denn so knackig die Musik ist, so weinerlich sind die Lyrics - und das über die gesamte Distanz von zwölf Songs. Warum muss ein flotter Song mit garstigen Screams wie der Opener "My Release In Pain" denn unbedingt einen "Ohne Dich ist alles doof"-Text haben? Warum muss man sich zwölf Songs lang über eine Verflossene, das Ende der Beziehung, die Folgen dessen, den Kampf um die Liebe und was sonst noch damit zu tun hat, auslassen? Es wimmelt nur so von (natürlich englischen) Textzeilen wie "ich habe nichts mehr, was ich noch verlieren könnte", "Bitte komm zurück", "unsere Zeit ist vorbei", "ich schlucke alles herunter", "ich bin über dich hinweg", "ich kann dir nicht mehr vertrauen", "unsere Liebe kann einen Weg finden" und so weiter und so fort.
Man kann auch Texte über Verlust, Liebe und Beziehungen schreiben, die Tiefgang haben, die berühren, die ergreifen - das hat aber nichts mit der Rosamunde-Pilcher-Romantik und -Dramatik zu tun, die LACRIMAS PROFUNDERE hier verbreiten. Daraus resultiert dann auch eine Oberflächlichkeit, die das Album abwertet. Das ist keine echte Melancholie, die man hier in Musik gekleidet hat, das sind keine extremen Gefühle - und letztlich gilt das dann auch für die Musik. Die ist natürlich nicht fröhlich, aber eben auch nicht wirklich intensiv oder eindringlich. Oder kurz gesagt: irgendwie wirkt das alles nicht echt.
FAZIT: "A Sigh" ist der Titel des Abschlusssongs. Ich seufze auch und gebe neun Punkte für wirklich gut gemachten Gothic Rock, dem aber jeglicher fühlbare Schmerz abgeht.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.07.2013
Roberto Vitacca
Oliver Nikolas Schmid, Tony Berger
Dominik Scholz
Napalm/Universal
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24.05.2013