Die Sozialisation von LEMURIA mit Punk und Hardcore hört man ihrer Musik nicht mehr an. Das dritte Album der Band aus Bufallo bietet vielmehr für die neunziger Jahre typischen Trio-Alternative-Rock, der seine zweifelhafte Originalität aus der Tatsache schöpft, dass eine Göre am Mikro steht.
Ozzella geriert sich entsprechend flegelhaft, falls ihr trommelnder Kollege - der seine Arbeit übrigens manchmal ("Bluffing Statistics") auf außerordentlich hörenswerte Weise erledigt - nicht übernimmt wie während "Clay Baby". Seine Stimme klingt ungleich weniger markant, was LEMURIA mitunter in Richtung YO LA TENGO rückt, wohingegen angesichts der überaus kompakten Tracks neuere DINOSAUR JR. in den Sinn kommen. Andererseits arrangieren diese drei Musiker bisweilen richtiggehend progressiv und dicken den Sound mit subtil synthetischen Elementen an. "Oahu, Hawaii", das längste Stück mit fast fünf Minuten Spielzeit, tönt sogar verhalten orchestral, und wäre das Trio mutiger beziehungsweise weniger mit sich selbst im Reinen, hätte es eine Krachorgie aus dem Stück gesponnen wie die PIXIES.
Dennoch handelt es sich um den Höhepunkt des Albums. Mit dem melancholischen Doppel aus "Chihuly" und "Paint The Youth" scheint man sich hingegen JAWBOX zum Vorbild genommen zu haben, während das Gros des Rests, allen Stücken voran "Public Opinion Bath", "Dream Eater" und das hechelnde "Ruby", "Riot Girrrl"-Truppen wie LEMONHEADS oder L7 - gleichwohl mit allzu freundlichem Indie-Schmelz - als Inspiration vorstellbar macht. Der Hit-Faktor von "The Distance So Big" fällt vergleichsweise gering aus, aber die Detailfreude spricht am Ende für LEMURIA; ähnliche Combos, deren Muzak dann zu schnell verdauert wird, gibt es ohnehin zur Genüge.
FAZIT: "The Distance So Big" zeigt eine sympathische Indie-Band, die ihre Freude am Kreativsein auslebt und auf der Distanz von 13 Stücken kein Wässerchen trüben kann, worauf man sich als Hörer einlassen muss, um LEMURIA toll zu finden. Das darf man dann aber mit Fug und recht, denn ihr Pop zum Zuhören hält jeglichen Vergleichen genauso gut stand wie der textliche Unterboden des gemischtgeschlechtlichen Kerns.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.06.2013
Max Gregor
Sheena Ozzella, Alex Kerns
Sheena Ozzella
Alex Kerns
Bridge 9 / Soulfood
38:43
21.06.2013