Mit ihrem ersten Album erzählen die Finnen MAGNA VICE von einem traumatisierten Kriegsveteranen und dessen Weg der Genesung, dies vor einer großteils traditionellen Prog-Kulisse zwischen Rock und Metal.
Sänger Veli-Matti Heino verfügt über ein markantes, wenn auch nicht sonderlich kräftiges Organ mit Geschmackssache bleibendem Vibrato, das die liedhaften Passagen der zunächst knapp gehaltenen, zum Ende der Scheibe hin jedoch ausschweifenden Stücke im Gedächtnis verankert, auch weil die Combo einen seltenen Trumpf ausspielt, gerade in diesem von Formalitäten getränkten Genre: Man schert sich nicht um etablierte Stimmungs- und Spannungsbögen, sondern begeht einstweilen recht krasse Brüche, die jedoch mit stimmigen Übergängen glattgebügelt werden. So merkt man als Hörer ständig auf, ohne sich vor den Kopf gestoßen zu fühlen. Der Opener "Temple Of Sin" fungiert zur Hälfte als aufbauendes Intro und bleibt danach hookiger Melodic Metal, was die Musiker mit dem Longtrack "Knowledge Talks, Wisdom Listens" auf Marathon-Strecke ebenfalls gut hinbekommen. "Hope You Find Your Way Out" rockt satt wie neuere DEEP PURPLE (Orgel!), und "Gods Of War" stellt sich als cineastisches Unterfangen mit sowohl den härtesten Ausschlägen als auch den zartesten Parts der Scheibe heraus.
Virtuos werden MAGNA VICE gerne, doch sie müssen es nicht, denn Song ist Chef auf „Serpent Of Wisdom“, selbst wenn sie sich auf der Zielgeraden manchmal verhaspeln. Der Yes-artige Überschwang von "Real Delusions" fügt sich nicht so recht in den Rest des Songs, und in "Yellow Sky" gerät der Frontmann in die Schieflage. Ein guter Produzent – der Sound ist dünn – hätte die mehrstimmigen Arrangements geglättet, Längen gekürzt und die Scheibe somit in den hervorragenden Bereich gehoben; so ist sie nur eine verheißungsvolle Visitenkarte.
FAZIT: "Serpent Of Wisdom" ist ein inhaltlich tiefgehendes und spielerisch wie kompositorisch ambitioniertes Werk, das über lange Strecken aufgeht und allenfalls noch an den üblichen Kinderkrankheiten einer jungen Band leidet. MAGNA VICE wollen ein wenig zu viel, setzen aber bis auf weiteres nicht alles klaglos um, namentlich die Produktion als solche und eine sichere Stimmlage im Speziellen, was den Sänger betrifft. Lohnenswert ist das Hören der Scheibe aber trotzdem.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.10.2013
Robin Jansson
Veli-Matti Heino
Esa Karppinen
Petri Oksanen
Jonne Orrensalo
Inverse
67:05
20.09.2013