Ziemlich genau drei Monate nach Veröffentlichung seines dritten Solo-Albums „After the Gold Rush“, bestritt NEIL YOUNG mehrere Auftritte im „Cellar Door“-Club in Washington. Quasi ‚stripped down to the bone‘, nur am Rande Country-affin und abseits seiner großen, markerschütternden Rockwerke, begleitete er sich selbst an Gitarre und Klavier, zu Songs aus seiner Vergangenheit (mit BUFFALO SPRINGFIELD), der ‚Nach-dem-Goldrausch‘-Gegenwart, und dem was noch kommen sollte. Wie dem fabulösen „See The Sky About To Rain“, das erst 1974 auf „On The Beach“ in einer ausgefeilten Studio-Fassung erscheinen wird.
Dreiundvierzig Jahre später zeigt „Live At The Cellar Dollar“ einen so reduzierten wie fokussierten NEIL YOUNG bei einem Zusammenschnitt von sechs Auftritten. Die Klangqualität ist in Anbetracht des Alters erstaunlich gut; YOUNG überzeugt als sensibler Künstler, der in der Lage ist, über mehrere Abende nachdenkliche, ruhige Stücke eindrücklich vorzutragen, sodass selbst oft gehörte Standards („Old Man“, „After The Gold Rush“, „Cinnamon Girl“) zu keiner Sekunde langweilen. „See The Sky About To Rain“ ist in der spartanischen Piano-Version geradezu essenziell. Selbst wenn NEIL YOUNG sich mal verhaspelt, knappe Witze ohne großartige Pointen erzählt („I’ve been playing Piano for about […] seriously for ….. almost a year“), trägt das zum Charme des Albums bei. Ein intimes und intensives Zeitzeugnis und wunderbar besinnlicher Jahres-Abschluss. Auch nach über vierzig Jahren ohne Ermüdungserscheinungen.
FAZIT: „Cellar Door“ sei der schönste Begriff der englischen Sprache, sagt Lehrerin Karen Pomeroy (Drew Barrymore) im kleinen filmischen Wunderwerk „Donnie Darko“. Eine Aussage die wechselweise auf J.R.R. Tolkien, Edgar Allan Poe, Ezra Pound oder H.L. Mencken zurückgeführt wird. NEIL YOUNG bestätigt dies musikalisch mit Nachdruck. „Live At The Cellar Door” ist eine weitere Ausgrabung aus YOUNGs umfangreichen Archiven, deren Anschaffung sich ohne Einschränkung lohnt. Zurückgeworfen auf sich selbst, präsentiert sich Neil Young auf diesem Live-Querschnitt in Bestform. Nur ein bisschen länger hätte die Spielzeit schon sein dürfen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.12.2013
Neil Young
Neil Young
Neil Young
Reprise/Warner Music
45:08
06.12.2013