Das zweite OCTOBER TIDE-Album als richtige Band schlägt noch tiefer in melancholische Gefilde als das 2010er Reunion-Album „A Thin Shell“. Weniger Death Metal mehr Doom, mehr Atmosphäre, mehr Platz für Nachdenklichkeit. „Tunnel Of No Light“ hält, was sein Titel verspricht, kann sich allerdings auch nicht wirklich vom Schatten der frühen KATATONIA-Alben loslösen. Mag sein, dass Fredrik Norrman als Ex-Mitglied der Katatoniker und Urbesetzungsmitglied von OCTOBER TIDE von jeher genau diesen Sound definierte, aber wenn es um Innovation gehen soll, waren OT stets zweite.
Nach dem Überopener 'Of Wounds To Come', der die Erwartungen des Hörers ins Unermessliche schraubt, wird „Tunnel Of No Light“ jedoch ein Loch ohne Lichtblick und kann qualitativ nicht mehr mithalten. Der Rest der Kompositionen ist nur halb so eingängig wie der grandiose Opener und verliert sich zu oft in zerfahrenen Riffkonstrukten, denen es an Eingängigkeit fehlt. Bestes Beispiel hierfür 'Emptiness Fullfilled', das irgendwo in der Mitte nur noch stumpf vor sich hin plätschert und den Hörer in fortwährende Lethargie versetzt, aus der er bis zum Ende der Platte nicht mehr erwachen kann.
Sicher ist „Tunnel Of No Light“ musikalisch keineswegs schlecht und bietet einen gänzlich anderen Ansatz als sein Vorgänger – leider hat es die Band jedoch bei sieben von den acht Tracks versäumt, ihre Kompositionen auf den Punkt zu bringen: zu langatmig, zu ziellos zu experimentierfreudig fehlt es den Songs an Überzeugungskraft und der klaren Linie. Schade eigentlich, denn die Grundvoraussetzungen sind mehr als gegeben. Vor allem Neuzugang an den Vocals Alexander Högbom macht eine verdammt gute Figur. Seine Vocals sind bei weitem nicht so tief wie die von Vorgänger Tobias Netzell, aber dafür um einiges abwechslungsreicher und weniger eindimensional.
FAZIT: Nach einem grandiosen Opener entpuppt sich der Rest des Albums als erschreckende Enttäuschung, die auf der gesamten Strecke nur wenig von dem transferiert, womit OCTOBER TIDE auf „Rain Without End“ begonnen haben. „Tunnel Of No Light“ ist ein düsteres Dickicht, das sich auch nach wiederholtem Hören nicht eröffnen will und an seinen verkrampften Kompositionen krankt. Für 'Of Wounds To Come' gibt’s noch einen Punkt mehr, der Rest der Platte bewegt sich hingegen doch sehr im Mittelmaß.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.04.2013
Mattias Norrman
Alexander Högbom
Fredrik Norrman, Emil Alstermark
Robin Bergh
Pulverized Records
51:43
16.04.2013