Meet me in the halfway. Das wieder sehr gediegen aufgemachte fünfte Studioalbum präsentiert PAATOS halb auf neuen Wegen, halb bei der Rekalibrierung der Vergangenheit. Das kein pflegeleichter Konsensbrei dabei herauskommt, ist der schwedischen Band hoch anzurechnen.
Die vier neuen Stücke erden PAATOS wieder, im Vergleich zum sphärischeren Vorgänger „Breathing“. Von RENAISSANCE ist wenig übrig geblieben, stattdessen sind THE GATHERING (nach ihrer Hinwendung zum artifiziellen Pop mit Tiefgang) wieder näher. Petronella Nettermalms ist wie üblich ein Pfund, mit dem man wuchern kann; sie gibt die Traumprinzessin ebenso perfekt wie die verlassene Geliebte oder die Hohepriesterin des Weltschmerzes. Natürlich ist PAATOS‘ Fünfte ein Schwelgen im Wechselbad tiefer Gefühle. Da die Songs aber zu keiner Zeit überladen wirken, sondern kraftvoll, und mit Längen kaum jenseits der fünf Minuten, kompakt eingespielt wurden, badet man jederzeit gerne mit.
Die zweite Hälfte präsentiert neu gemischte Stücke aller vier Vorgänger-Alben. Während die aktuellen Tracks eher von schwelgerischen bis deftigen E-Gitarren und untermalenden Keyboards geprägt sind, bieten die Neueinspielungen leicht verfremdete, aber nicht bis zur Unkenntlichkeit verunstaltete, Einblicke ins frühere Schaffen. Zur einen Hälfte mit akustischem Instrumentarium neu aufgenommen, zur anderen ein Remix-Ausflug in den transzendentalen, progressiven Tanzschuppen, mit wabernden Bässen und kleinen Elektronik-Spielereien. Die Grundlagen bleiben aber erkennbar, sodass „V“ sowohl als Schnupperkurs für Einsteiger wie Appetithappen für Fortgeschrittene taugt.
PAATOS entwickeln sich weiter, ohne die Vergangenheit zu verraten. Eine Spur Härte zugelegt (in träumerischen Shoegaze-Maßstäben gemessen, nicht in schwerem Metall), mit dem Orient geflirtet („Into The Flames“: Erinnert sogar leicht an eine Mischung aus SIOUXSIE AND THE BANSHEES und den DOORS – klar, bei dem „The End“-Zitat), beim Rückblick mit dezenten Verfremdungseffekten gearbeitet; ergibt ein nicht ganz homogenes aber jederzeit hörenswertes Album. Ausladende ÄNGLAGÅRD oder ANEKDOTEN-Reminiszenzen sind anscheinend passé, stattdessen herrscht kompakterer, melodienseliger Art-Pop/Rock vor, der um die Verführungskraft der Dunkelheit weiß. Und natürlich bekommt das Mellotron seinen gänsehäutigen Einsatz („Desire“!). Nur nicht mehr exaltiert im Vordergrund.
Wenn es der Band gelingt, beim nächsten Album das vielversprechende (und –haltende) Einstiegs-Songquartett noch zu toppen, dürfte ein Jahreshighlight herausspringen. „Breathing“ wird mit dem aktuellen Output bereits locker als Übergangswerk in den Schatten gestellt.
FAZIT: Selten klang Traurigkeit kraftvoller und betörender.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.04.2013
Ulf "Rockis" Ivarsson
Petronella Nettermalm
Peter Nylander
Mikael Nilzén
Hux Nettermalm
Glassville Records
38:03
07.11.2012