Das hier gebotene Konzert wurde im August 2013 im Ambiente eines Amphitheaters bei bestem Wetter und ebensolcher Laune des Publikums - von den Musikern ganz zu schweigen - für die Nachwelt festgehalten. Hochkonzentriert, aber nicht steif, sondern mitunter sogar relativ gelöst wirkt das PANZERBALLETT, allen voran Vordenker Zehrfeld mit seinem schrulligen Kopfschmuck, und beweist damit, dass zwischen Progressive Metal instrumentaler Natur und Fusion Jazz ohne Fahrstuhl-Karte keine streng bewachten Grenzen liegen (sollten).
Die rasenden Parts in "Some Skunk Funk", der eigenwilligen Brecker-Brüder-Bearbeitung, und während "Vulgar Display of Sauerkraut", das alle MESHUGGAH-Nachahmer und Djent-Hilfsschüler auf ihre Plätze verweist, versinnbildlichen die Attitüde der Protagonisten mit Hinblick auf ihr Verständnis von Stilen und etwaigen Eingrenzungen: Alles ist eins, wenn man es mit Niveau und ohne Krampf angeht. Dabei zeigen sie sich leicht selbstironisch in den Ansagen, als müssten sie sich für irgendetwas entschuldigen, und kehren sicht- wie hörbares Herzblut hervor, etwa wenn sie AC/DC mit "Donnerwetter" fürs Tech-Metal-Zeitalter aufbereiten oder im verhältnismäßig finsteren "Friede, Freude, Fussball" sogar Platz für Mitklatsch-Spielchen einräumen.
"Ein bisschen Frieden" wird der Ton aus- und ein Text eingeblendet, der den Komponisten Ralf Siegel durch den Kakao zieht, weil er die "Verunglimpfung" seines Stücks eben nicht so toll findet, wobei auch finanzielle Gründe eine Rolle gespielt haben dürften. Als Entschädigung zocken PANZERBALLETT gemeinsam mit Chanteuse Conny das "Dirty Dancing"-Stück "Time of my Life" von Bill Medley und Jennifer Warnes im bekannten "Un"-Stil. "Der Saxdiktator" stellt Holzbläser Alexander ins Rampenlicht, das frühe Bandstücke hingegen die Rhythmusgruppe, nicht zu vergessen melodische Zitaten aus der Pop-Kultur.
Der Bonusteil ist üppig bestückt mit einer guten Dreiviertelstunde aus dem Münchner Backstage-Club, wo das berüchtigte "Simpsons"-Hauptthema ebenso zur Geltung kam wie "Giant Depf". Ferner gibt's noch "Sauerkraut"-Nachschlag aus dem K17 in Berlin, Eindrücke von PANZERBALLETTs US-Abstecher sowie ein wirklich interessantes Interview mit Zehrfelds Bruder im Geiste, dem schwedischen Enfant Terrible Mattias Eklundh - So macht Musikhochschule Spaß
FAZIT: "Live At The Theatron Munich 2013" beweist, dass hochvirtuose Musik nicht zwangsläufig Insidern vorbehalten ist, denn jede Wette: Beim Anschauen dieser rundum stimmigen und viel fürs Geld bietenden DVD hat auch jeder Spaß, der ansonsten nur harten, aber nicht zwangsweise komplexen Tönen zugetan ist.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.11.2013
Heiko Jung
Conny Kreitmeier
Jan Zehrfeld, Joe Doblhofer
Sebastian Lanse
Alexander von Hagke (Saxofon)
Gentle Art Of Music / Soulfood
ca. 150 Minuten
01.11.2013