Wie viele DREAM-THEATER-Kopien muss es noch geben? Wie oft meinen Nachwuchsbands noch, dass es reicht, spielerisch over the top zu agieren, aber Herz und Seele komplett außen vor zu lassen? Wie lange muss man sich noch Alben wie PROSPEKTs „The Colourless Sunrise“ als neue Sensation des Progressive Metals andienen lassen?
Wie ungefähr 17.000 andere Bands auch können PROSPEKT ihre Instrumente bedienen, vermutlich sogar besser als viele der 17.000 anderen Bands. Doch wenn es darum geht, Songs zu kreieren, die das Herz und die Seele berühren, ist Schicht im Schacht. Riff wird an Riff geschoben, Drumfill an Drumfill, ein Keyboardlick ans nächste. Kompetent, traumwandlerisch sicher eingespielt, sämtliche Skalen rauf und runter – ja, Jungs, ihr könnt spielen. Songs schreiben, die klingen wie zu „Images And Words“-Zeiten auch. Allerdings nur wie solche, die seinerzeit frühzeitig in die Ablage geschoben wurden. Man muss ja fast schon dankbar sein, dass zumindest Sänger Richard Marshall ein wenig aus der Reihe fällt und mit seiner sehr hohen Stimme und seinen Gesangslinien nicht auf James La Bries Spuren wandelt, stattdessen manches Mal über das Ziel hinausschießt und ein, zwei Noten zu hoch in den Himmel strebt. Aber das macht „The Colourless Sunrise“ auch nicht eben zu einem Klassiker.
FAZIT: Ein gutes Album ist weit mehr als die Summe seiner Zutaten. Auch wenn hier brutale Riffs und zuckersüße Melodien nebeneinander existieren, wenn sinfonische Parts und solider Groove kooperieren, wenn (fast) alle Punkte der „what to do in progressive metal“-Checkliste abgehakt worden sind: Dem Album fehlt schlicht und ergreifend der Spirit.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.10.2013
Phil Wicker
Richard Marshall
Lee Luland
Richard Marshall
Blake Richardson
Sensory Records/Alive
65:54
18.10.2013