Was soll man zu RHAPSODY OF FIRE noch groß schreiben? Es wird sich mit diesem wie mit bisher jedem Album der Italiener verhalten: Einige werden es lieben, die meisten werden sich angeekelt abwenden. Da die Alben der Italiener alle in etwa gleich klingen, weiß auch jeder, zu welcher Gruppe er gehört, ohne reinhören zu müssen.
Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als Hollywood Metal, aber einen mit RHAPSODY OF FIRE untermalten Film wird die Traumfabrik niemals hervorbringen. Was RHAPSODY OF FIRE seit 18 Jahren zelebrieren ist eher Games Workshop Metal: Musik für Leute, die gerne kleine Elfenfiguren anmalen und einen Drachenkerzenständer im Bücherregal stehen haben.
„Dark Wings of Steel“ ist das erste Album ohne Mastermind Luca Turilli, der die Band 2011 im Einvernehmen aller Mitglieder duplizierte und mit Gitarrist Dominique Leurquin und Bassist Patrice Guers den RHAPSODY OF FIRE-Klon LUCA TURILLI'S RHAPSODY gründete. So verbleibt Keyboarder Alex Staropoli als einziges Gründungsmitglied beim Original. Im direkten Vergleich der neuen Scheibe mit den Vorgängeralben fällt auf, dass diesmal kein Erzähler den Hörer leitet. Ansonsten gibt es die gewohnte Mischung aus Power Metal, Videospielsoundtrack und klebrigem Fantasy Pop.
Musikalisch sind die Jungs durchaus fähig, und so hat „Dark Wings of Steel“ auch seine guten Momente. Am besten funktioniert das Album, wenn Konserven-Orchester und Instrumente ineinander greifen, um ein bombastisches Ganzes zu schaffen. Der Titeltrack ist dafür ein gutes Beispiel, ebenso die schnelleren Nummern „Tears of Pain“ und „Silver Lake of Tears“. Hier kann man auch mal über Fabio Liones Schmalzstimme hinweg hören – die zugegebenermaßen beeindruckende Höhen erreicht, so am Anfang von „Angel of Light“.
Doch zu oft werden die Songs dermaßen mit Billig-Pathos zugekleistert, dass einem ganz übel wird. Gut, Power Metal ist per se geschmacksbefreit, soll heißen: Wichtiger als Style und sogenannter guter Geschmack sind in diesem Genre, nun ja, Power und Metal. Da darf’s dann auch mal cheesy werden. Aber auch hier gibt es einen gewissen Spielraum, der von augenzwinkernd bis unerträglich reicht. Bei RHAPSODY OF FIRE ist die Richtung klar. So überschreitet das 8-minütige „My Sacrifice“ gleich am Anfang mit Flöten und Fremdschäm-Lyrics die Schmerzgrenze. Immerhin werden hier noch ein treibendes Riff und eine ziemlich geile Leadgitarre reingeworfen. Als negatives Highlight glänzt mal wieder eine Ballade: „Custode di Pace“ ist eigentlich ein EROS RAMAZZOTTI-Song. Wer sich den in voller Länge geben kann: Respekt.
FAZIT: Die MODERN TALKING des Power Metals bleiben sich treu. RHAPSODY OF FIRE passen ebenso gut nach Wacken wie zu Carmen Nebel, bei der sie vor einigen Jahren mal mit Christopher Lee aufgetreten sind. Wer diese Seite der Band ertragen kann, wird mit „Dark Wings of Steel“ glücklich – den Weggang von drei Mitgliedern vor gerade mal zwei Jahren haben RHAPSODY OF FIRE erstaunlich gut verkraftet.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.11.2013
Oliver Holzwarth
Fabio Lione
Roberto De Micheli
Alex Staropoli
Alex Holzwarth
AFM Records
59:33
22.11.2013