Julie Slick, spätestens mit ihren eklektischen Solo-Arbeiten in ebensolchen Hörerkreisen bekannt geworden und vor allem an der Seite von Adrian Belew brillant, hat sich in eine andere Band eingefunden: Avant-Gitarrist Peter Alexius (NUTRIO, HSA, BALM) und sein SAAL-Kollege Marc Mennigmann als Stick-Altmeister, Sessiondrummer Sven Kosakowski (Angelo Kelly und viele mehr) und Athanassios Kiokakis, ein Grenzgänger zwischen funkigen bis elektronischen und erdigen Stilen sind gemeinsam mit der Bassistin über eine Woche hinweg für elf aufgenommene Stunden Musik zusammengekommen und haben die entstandenen Improvisationen nach einer Fünf-Track-EP zum wohl längsten Album des Jahres destilliert beziehungsweise von Bekannten verdichten lassen.
Das verschmitzte, vor allem rhythmisch von der Interaktion lebende Doppel aus "Large-Scale Structure" und später "Dancing Fool At 6am" kehrt ebenso wie das passend betitelte "The Funk, Inverted" (stolpernde, dann forsche Dekonstruktion desselben) die Live-Atmosphäre der Sessions hervor, wiewohl SAM bei allem Aufeinander-Eingehen das Ziel nicht aus den Augen verlieren - den Song als solchen, der sich in den meisten Fällen anhand einer konkreten Idee heraushören lässt. Ausnahmen: Die "Orbit"-Stücke sind ebenso wie "The Sun The Moon And In-Between" mehr oder weniger kurze Ambient-Zwischenspiele zur notwendigen Auflockerung, "Blueshift" macht das Nicht-auf-den-Punkt-Kommen zum Programm, und das relaxte "Delayed Choice Quantum Eraser" steht dem atonal stolpernden "Accelerator Laboratory" und dem hibbeligen "Private Jet To Iceland" gegenüber. Gleichsam sind das treibende, melodisch berührende "Submarines Approaching Venus" und das tief hypnotische wie minimalistische "Ain't Nobody" Gegenpole zum vertrackten "All The Tea In India".
Mennigmann spielt in "Animal Logic" seine getappten Trümpfe aus, Slick brilliert mit flinken Fingern insbesondere während "We Had It Twice". Die Tieftöner-Fraktion kommt logischerweise generell häufig auf ihre Kosten, sei es durch das schroffe "Peculiar Velocities" oder beim virtuosen "Tea For Dolphins". Kommt Lärm auf, ist da auch immer ein Groove ("Dual Core"), und schweben SAM umgekehrt durch ruhige Sphären ("Beyond Baryons", "White Dwarf In The Virgo Cluster" oder "Dialog With A Homeless Chicken"), bleibt der Puls ebenso bestehen wie zumindest ansatzweise ein melodisches Motiv. Der sich ins Unermessliche steigernde, aber am Ende zart ausklingende Riff-Bolide "Starts With A Bang!" oder "Gravitational Interaction" stehen Fripp, Belew oder eben neueren KING CRIMSON am nächsten, und auch "Future Stars" sowie "French Breakfast At The Zoo" (versprühen beide Seventies-Fusion-Atmosphäre) gehören zu den Gitarren-orientierten Tracks. Der pochende "Carribean Skiffle" ist eingängig, das rasende "The Bad & The Ugly" sogar sehr und somit der Anspieltipp von "Another Life" ... vielleicht neben "Never Been To The Beach Before", einem geradezu konventionellen Wah-Schmatzer zum Wackeln mit dem Hintern. SAM lassen sich nicht stilistisch festlegen, doch der einheitliche Sound hält diese Monsterplatte letztlich zusammen, ob im spannend zwischen Laut und Leise schlingernden "Cosmic Microwave Oven" oder während des bedachtsam aufgebauten Finales "Pancake Promenade".
FAZIT: Ein einzigartiges Projekt von musikalischen Hochkarätern, die eine interessante Zukunft von Gitarrenmusik in Aussicht stellen. SAM sind nicht nur etwas für die beinharte Klientel der Labels Discipline Global Mobile, Unsung und Divine Frequency, sondern ein Gipfeltreffen für Interessenten an spannenden wie genießbaren Klangexperimenten generell. So schön kann Fortschritt sein ...
Das Album sowie die EP "Yet Another Life" gibt es zum Freundschaftspreis direkt bei der Band selbst - jeweils mit liebevollem, sehr informativem Booklet zum Zeichen dafür, dass echte Leidenschaft dahintersteckt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.07.2013
Julie Slick
Peter Alexius, Zaki Kiokakis
Marc Mennigmann
Sven Kosakowski
Marc Mennigmann (Chapman Stick)
Eigenvertrieb
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22.07.2013