Über 20 Jahre lang musste ich warten. Warten auf einen würdigen Nachfolger von JESTER’S MARCH, einer der musikalisch überragenden Bands der frühen 90er-Jahre, die aufgrund des Zeitgeists damals mit ihrem progressiven Power Metal zur falschen Zeit an der richtigen Stelle waren. Jetzt ist es soweit: SANDSTONE sind in der Lage, mit ihrem vierten Studiowerk „Delta Viridian“ ein Album vorzulegen, das von vorne bis hinten die musikalische Messlatte, die JESTER’S MARCH zumindest mit ihrem Debüt „Beyond“ verdammt hoch legten, zu überspringen.
Jetzt ist zu befürchten, dass im Jahre 2013 die Anzahl derer, denen die deutsche Progressive-Underground-Legende überhaupt noch geläufig ist, relativ überschaubar ist. Denen sei gesagt: SANDSTONE agieren auf „Delta Viridian“ mit hoher musikalischer Qualität, ohne jemals ins reine Griffbrettwichsen abzudriften oder in selbstdarstellerische Breakhangelei auszuarten. Sie musizieren durchaus mit einer metallischen Kante, treten auch mal das Gaspedal durch, flechten aber immer wieder geschickt hardrockige Töne und Melodien ein – letztere überschreiten aber niemals auch nur im Entferntesten die Grenze zum Kitsch. Man könnte auch einfach sagen: SANDSTONE vermengen die besten Elemente aus Progressive und Power Metal sowie Hardrock zu einem höchst eigenständigen Gebräu.
Wenn man vergleichsweise Bands aktuellerer Prägung heranzieht – in den Sinn kommen dann Kapellen wie PAGAN’S MIND, VANDEN PLAS oder SYMPHONY X – wird gleichzeitig deutlich, dass diese Vergleiche auch nur teilweise zutreffen, denn der irische Fünfer agiert in hohem Maße ebenso eigenständig wie abwechslungsreich. Und dem Ganzen die Krone setzen die charismatischen Vocals von Sänger Sean McBay auf – einzig Olaf Bilic (JESTER’S MARCH, HOUSE OF SPIRITS) kommt hier als Vergleiche in Betracht.
Höhepunkte? Genug. Der rasante Opener „Almost Grateful“, das unwiderstehliche Melodienmonster „King Of Cipher“, die melancholischen „Winter“ und „Monument“, der metallisch-schwergewichtige und überlange Titeltrack , bei dem passenderweise Tim „Ripper“ Owens einen Gastauftritt hat – nur ein kurzer Ausriss aus einem Album, das trotz der hohen Abwechslung und dem geschickten Pendeln zwischen laut und leise, zwischen hart und sanft, zwischen intensiv und distanziert, von der ersten bis zur allerletzten Sekunde wie aus einem Guss klingt.
FAZIT: Jeder, der JESTER’S MARCH ebenso vermisst wie ich: Kaufen! Jeder, der PAGAN’S MIND gut findet: Kaufen! Jeder, der Power Metal mit einer progressiven Note liebt: Kaufen! Ach, was soll’s: Jeder, der Heavy Metal mit Anspruch mag: Kaufen!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.06.2013
Dave McLaughlin
Sean McBay
Stevie McLaughlin, Dee Kivlehan
Decky Donohoe
Limb Music
64:39
07.06.2013