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O.K., Geständnisse vorweg: Der Verfasser dieser Zeilen ist voreingenommen und bis in den Kern subjektiv, da SATYRICON einen nicht unbeachtlichen Anteil an seiner musikalischen Sozialisation hatten. Ohne "Nemesis Divina" und speziell "Mother North" wäre er wohl nie in das unüberschaubare und überaus faszinierende musikalische Land namens "Black Metal" vorgestoßen, das ihn bis heute gefangennimmt.
Sigurd "Satyr" Wongraven ist nicht nur irgendein Musiker, er ist Freak. Seine Musik ist nicht nur seine finanzielle Absicherung, sondern repräsentiert seinen Lebensstil, zu dem nebenbei auch Dinge wie (ehemals) ein eigenes Label zu betreiben oder Rotwein auf den Markt zu bringen, gehören. Und Satyr ist ein Künstler, der keine Kompromisse eingeht und sich nicht darum schert, wie erfolgreich oder auch nicht seine Veröffentlichung sein wird. Einen Versuch, "Nemesis Divina" zu toppen oder zu überbieten, hat es nie gegeben, die Entwicklungen waren verschlungen und auch für den Fan nervenaufreibend und zeitweise verstörend. Mit "Volcano", "Now, Diabolical" und "The Age Of Nero" hat das norwegische Duo zwar einen eigenen und unverkennbaren Stil gefunden, trven Black Metal aber hinter sich gelassen. Ob auf "Satyricon" Black Metal noch oder wieder stattfindet, ist natürlich eine Frage religiösen Ausmaßes und damit vollkommen belanglos. Was zählt, ist das musikalische Ergebnis und dieses ist beachtlich.
Wenn eine Band veröffentlicht, dass ihr neuestes Album das beste und tollste überhaupt sei, ist das vollkommen normal und beinahe immer falsch. Satyr geht diesem peinlichen Fauxpas geschickt aus dem Weg, indem er verkündet, dass das selbstbetitelte Album ein "Grower" ist. Und er hat in zweierlei Hinsicht recht.
Zum einen braucht es einige Durchläufe, um die morbide Schönheit zu erfassen, zum anderen funktioniert "Satyricon" am besten als Album, da es eine enorme Bandbreite von harschen schwarzmetallischen bis zu Indie-Disko-tauglichen Songs umfasst, die aber genau an der Position im Album funktionieren. Pech für die Generation Single-Track-Download.
Der Opener "Voice Of Shadows" fungiert als instrumentales Intro und vermittelt mit den einleitenden Drums sofort den archaischen Charakter, der sich durch das gesamte Album zieht. Die erhabenen Gitarrenriffs werden in "Trog Og Kraft" wieder aufgenommen und wenn Satyr mit einer schneidenden Stimme einsetzt, wird klar, welche Macht dieser Musik innewohnt. Der hier norwegische Gesang trägt noch zusätzlich zur dunklen Stimmung bei, die das gesamte Album durchzieht. Auch mit den folgenden Songs setzen SATYRICON erfolgreich auf akzentuiertes Spiel und nicht auf Geschwindigkeitsrekorde, die Lieder sind bis auf das Nötigste reduziert und eiskalt, und vielleicht genau deshalb so gefangennehmend. Mit "Phoenix" dann der erste komplette Ausbruch aus bekannten Gefilden. Eingängig und poppig ist der Song, der Gesang wird großteils von Sivert Høyem übernommen, der ein wenig wie ein höher gestimmter Nick Cave klingt. Für einen erneuten abrupten Stimmungswechsel sorgt dann der schwärzeste und schnellste Song des Albums "Walker On The Wind", der mit durchgehender Bassdrum unterlegt ist und blastbeatoide Drumfiguren verwendet. Danach "Nekrohaven" als "Mother-North"-Äquivalenz auf "Satyricon" mit Ohrwurm-Qualität und sicher auch für den nicht Black-Metaller geeignet. Im Endteil des Albums gibt man sich wieder komplexeren Strukturen hin und arbeitet verstärkt mit Dynamik, "The Infinity Of Time And Space" enthält längere ruhige Passagen und ist für das Schaffen SATYRICONs schon beinahe episch zu nennen. Satyr überlässt nichts dem Zufall und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die letzten Worte auf dem Album "...to the finish line" lauten. "Natt" als instrumentales Outro ist einfach ein schöner Song, der auch von Satyrs Folk-Projekt STORM kommen könnte.
FAZIT: "Diese Scheißpopmusik geht gar nicht", sagt der wahre Black Metaller und liegt mit seinem beschränktem Horizont natürlich daneben. Lass die Erwartungshaltung einfach beiseite und seziere "Satyricon" in wiederholten Sitzungen. Dann offenbart sich ein bis ins Detail durchdachtes und überaus faszinierendes Album. "Nemesis Divina" wird nie überboten werden, aber SATYRICON sind mittlerweile in ganz anderen Sphären unterwegs und liefern das bisher zweitbeste Werk ihres Schaffens ab. Punkt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.08.2013
Satyr
Satyr, Sivert Høyem
Satyr
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06.09.2013