Es war klar, dass Selim Lemouchi nach dem Ende von THE DEVIL'S BLOOD weiterhin Musik machen würde. Und so dauerte es nicht lange, bis er im Februar 2013 ein neues Projekt auf die Beine gestellt hatte, dem er den leicht provokant anmutenden Namen SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES gab. Inwieweit der Plan für diese Band, die neben ihm einen wechselnden Stamm an Musikern haben soll, vom Ende seiner anderen Band abhing, ist nicht bekannt. Drei Monate später liegt eine erste Veröffentlichung, natürlich über Ván Records, vor. Eine halbstündige EP mit drei Songs, betitelt "Mens Animus Corpus". Der Google Translator macht daraus ein "Der Geist, der Körper".
Zwar gibt es auf den ersten Blick keine spirituelle oder okkulte Symbolik auf der EP, doch der Titel, die Songtitel sowie das Bild auf der Rückseite, auf dem Selim sich mit ausgebreiteten Armen aus einem Gewässer erhebt, machen schon deutlich, dass Musik und Spiritualität für ihn zusammengehören. Wenngleich er mit diesem Projekt wohl nicht als Übermittler seiner eigenen Glaubensinhalte bzw. dessen, was er aus seinem Glauben empfängt, fungiert.
Nun aber zur Musik, die natürlich seine Handschrift trägt und somit Ähnlichkeit, aber auch genügend Unterschiede zur Musik von THE DEVIL'S BLOOD aufweist. Wenn man deren psychedelischeren Songs mag, hat man es leicht, auch an SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES Gefallen zu finden. "Eschaton" startet recht ruhig, mit ganz leicht dissonanten Surf-Gitarren, einer gewissen PINK FLOYD-Lastigkeit und doomigem Downtempo. Dazu singt (!) Selim mit heller, leicht entrückt wirkender Stimme. Der Sound ist transparent, hallend und warm. Die fast neunminütige Nummer steigert sich langsam und wenn nach knapp dreieinhalb Minuten betörend schöne Gitarrenharmonien in den Raum schweben, macht man am besten die Augen zu und lässt sich von ihnen davontragen. Das vorab bekannt gemacht "Thistle" ist zügiger, kommt ebenfalls mit hallenden, leicht schrägen Surfgitarren daher und stellt den Gesang stärker in den Vordergrund. Mit leicht verfremdeter Stimme singt er erneut sehr hell und mit Melodien, die stets eine gewisse Schrägheit mitbringen. Die einsetzende Geige und der pulsierende Rhythmus geben der ungewöhnlichen Nummer spannende Akzente.
Ganz klar der Höhepunkt ist jedoch "Your Way Down", eine Nummer, die sich auch auf einem THE DEVIL'S BLOOD-Album gut gemacht hätte - oder noch besser, bei einer Liveshow. Eine treibender Psychedelic Rocker, der deutlich an die gerne mal viertelstündigen Jams bei deren Livekonzerten erinnert. Und einem bewusst macht, dass man das wohl nie wieder erleben wird. Vielleicht wird man diesen oder ähnliche Songs aber ja auch mal von SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES live zu sehen bekommen. Die fast 14 Minuten lange Nummer scheint instrumental zu sein, allerdings meint man aber auch, im Hintergrund Stimmen wahrzunehmen - oder sind es einfach nur die spacig "singenden" Gitarren, die diesen Effekt auslösen? Natürlich fußt der Song stark auf dem Stilmittel der Wiederholung, aber immer dann, wenn man meint, es würde langsam langweilig, kommen neue Gitarrenspuren oder Melodien dazu und der Song türmt sich immer weiter auf, reißt den Hörer mit in die Höhe und lässt ihn forttreiben.
FAZIT: Das anfangs gewöhnungsbedürftige "Thistle" war nicht unbedingt repräsentativ für das, was man von SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES erwarten durfte, denn es fällt auch auf dieser EP ein wenig aus dem Rahmen. Selims Gefolgschaft kann sich das Teil bedenkenlos ins Regal stellen und wer auf psychedelische, rockende Gitarrenmusik abfährt, muss es allein schon wegen des grandiosen Rauschmittels "Your Way Down" tun. Auswählen kann man zwischen Digipak-CD und 12"-Vinyl.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.05.2013
Selim Lemouchi
Selim Lemouchi
Selim Lemouchi, Oeds Beydals
Micha Haring
Marcin Hurkmans (Geige)
Ván/Soulfood
28:43
15.05.2013