Mad men painting. Die Sammlung „Prinzhorn“ ist legendär, jene Malereien „Geisteskranker“ inspirierten ihrerseits andere Künstler aus nahezu allen Bereichen. Jetzt also THE ANTIKAROSHI mit ihrem aktuellen Werk.
Keine in gespieltem Wahnsinn zerberstenden Klangkaskaden, sondern relativ kurzige, knackige Stücke präsentiert „In P.O.P. We Rust“. Punk und die Folgen, weniger Post- mehr Rock. THE ANTIKAROSHI spielen so kantige wie melodiöse Stücke, teilweise von schneidender Schärfe, die abgemildert wird durch die insgesamt eher nachdenkliche, wehmütige Grundhaltung der Songs. Konterkariert durch „Thea“s brüchigen Gesang, der oft auf der Kippe steht zwischen Schreien und Geheul, irgendwie unfertig klingt, was zum Thema aber passt. Das mehr erzählte als gesungene „pohl“ ist der heimliche Hit des Albums. Tanzbar, ein Refrain (fast) zum Mitsingen, treibende, präsente Drums, knalliger Bass, gallige Gitarren und ein furioses Finale sind genau das Richtige für ekstatische Momente in der Kellerbar.
Das folgende „hard slog“ ist weitgehend instrumental, die wenigen Gesangspassagen sind mit Vocoder verfremdet, ruppig und scharfkantig schält sich ein eigenwillige Funk-Interpretation aus der Attitüde des Punk, die im Folgenden auf die Spitze getrieben wird, insbesondere von „knitting the world“ das fast schon als hundsgemeine (wahnwitzige?) PRINCE-Parodie durchgeht.
Gelegentlich wird mit Dissonanzen geflirtet („outmodded eyes“), bleischwer gerockt („natterer“), doch die Grundlage bleibt immer die Sehnsucht nach melodischer Erlösung. Pop halt, der endgültig die Schleusen mit „leponex“ öffnet. Aus Punk- wird Art-Rock. Das Beste: Der Schulterschluss gelingt, Das instrumentale „leponex“ ist eine Prinzessin mit Rädern untendran (um mal bei MAX GOLDT zu klauen) und neben „pohl“ sowie dem wilden Geschwisterchen „preußen idea“ das ausgemachte Highlight eines so schrägen wie eingängigen Soundtracks zum Tanz auf der mentalen K(l)ippe.
FAZIT: Im Geiste des Punk unternehmen THE ANTIKAROSHI Ausflüge in die unterschiedlichsten musikalischen Richtungen. Und erleiden keinen Schiffbruch dabei. Mag „Prinzhorn“ auch als potenzielle Freikarte erscheinen, sich überall unverbindlich auszutoben, das Potsdamer Trio nimmt dies gar nicht wahr. Keine Experimente bis zur Schmerzgrenze, aber jederzeit verbindliches Musizieren. JOY DIVISION tanzt zum Radio(sound) im therapeutischen Gemeinschaftsraum.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.04.2013
NTIK
THEA
THEA
THEA, NTIK
AROSHI
Exile On Mainstream/Cargo
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05.04.2013