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The Beauty Of Gemina: The Myrrh Sessions

Stil: Dark Wave im Akustikgewand

Cover: The Beauty Of Gemina: The Myrrh Sessions

Es ist seit einiger Zeit mal wieder in Mode, den Stecker herausziehen und zur Akustikklampfe zu greifen. Diverse Bands aus dem Metal-Bereich, aber auch vermehrt aus der Gothic Szene, kleiden ihre Songs in ein akustisches Unplugged-Gewand, was zumeist eine recht spannende Angelegenheit ist. Mit dem fünften Album "The Myrrh Sessions" wagt sich nun auch einer der besten musikalischen Exporte der Schweiz, nämlich THE BEAUTY OF GEMINA, an ein ein solches Projekt. Und das Ergebnis ist mit das eindrucksvollste, was man bislang in dem Bereich zu hören bekam.

Ein Markenzeichen der Band, die normalerweise im Bereich des darkwavigen Gothic Rocks zuhause ist, ist die markante, tiefe Stimme von Frontmann Michael Sele, die in diesem Rahmen nochmals an Eindringlichkeit hinzu gewinnt. Durch die ruhigere Instrumentierung wird seine Stimme noch stärker als zuvor in den Fokus gerückt und die Kombination mit der tief berührenden Musik sorgt für wohlige Gänsehautschauer. Zudem wirken die Songs in den reduzierten Arrangements oftmals wie dunkle Singer-/Songwriter-Musik mit Einflüssen aus Americana, Folk und Blues, ohne jedoch die ursprüngliche Verhaftung im Gothic zu verlieren. Im Ergebnis ist das bei THE BEAUTY OF GEMINA oftmals so berührend, wie bei JOHNNY CASH, wenn er NINE INCH NAILS' "Hurt" interpretiert.

Es fällt zudem auf, dass die Songs, die ja zumeist im Original auf einem elektronischen Fundament aufbauen, oftmals komplett neu arrangiert wurden und extrem detailfreudig ausgearbeitet sind. Ihren ursprünglichen Charakter verlieren sie dabei nicht, gewinnen aber oft sogar noch an Intensität und Tiefgang hinzu. Was natürlich schon für die Qualität der ursprünglichen Komposition spricht, hier ist es aber in der Tat so, dass die Songs noch besser zu funktionieren scheinen, indem sie auf das Wesentliche reduziert sind. Vier der 15 Stücke sind ganz neu, wobei "Myrrh I" und "Myrrh II" instrumental gehalten sind und dadurch Intro- und Zwischenspielcharakter haben. Das kurze "Last Words" am Ende ist dementsprechend eher als Outro zu sehen, das anrührende, balladeske und sehr wehmütige "Listening Wind" ist dagegen ein vollwertiger Song.

Wer übrigens glaubt, dass Songs in einem Akustikgewand meist einen balladesken Charakter haben dürften, wird auf "The Myrrh Sessions" schnell eines besseren belehrt. Denn wenn ein Song im Original eher zügig gehalten ist, so bleibt er das meist auch in der akustischen Umsetzung. Oder wird gar noch schneller. So ertönt "Dark Rain" mit spanischen Gitarren beinahe schon fröhlich beschwingt, was einen grandiosen Kontrast zur höchst melancholischen Melodieführung darstellt, zudem ist das Spiel auf der Gitarre in dieser Umsetzung so unfassbar betörend schön, dass man völlig hingerissen von dem Song ist. Kaum weniger ergreifend ist das sanfte "Rumours" mit seinen wunderbaren Gesangslinien. Das im Original sehr düstere "Suicide Landscape" bekommt durch die Streicher die nötige Dramatik, ähnliches gilt für das getragene "Kingdoms Of Cancer". Auch von hoher Bedeutung ist der Einsatz eines Klaviers, wie "Hunters" eindrucksvoll unterstreicht. Dass akustische Musik extrem finster sein kann, zeigt "Last Night Home", während die Umsetzung von "The Lonesome Death Of A Goth DJ" überrascht - dass selbst dieser Song in diesem Gewand so gut funktionieren würde, war nicht unbedingt zu erwarten.

FAZIT: "The Myrrh Sessions" ist in jeder Hinsicht und ohne Übertreibung großartig. Die Umsetzung von eh schon tollen Songs wird hier so liebevoll, so hingebungsvoll und so kunstvoll vollzogen, dass es wirklich der pure Genuss ist, dem Album zu lauschen und neue Facetten in den Songs zu entdecken oder ihnen noch stärker auf den Grund zu gehen.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.02.2013

Tracklist

  1. Myrrh I
  2. Narcotica
  3. Rumours
  4. Suicide Landscape
  5. Dark Rain
  6. Listening Wind
  7. Golden Age
  8. The Lonesome Death Of A Goth DJ
  9. Hunters
  10. Kingdoms Of Cancer
  11. Myrrh II
  12. Last Night Home
  13. Stairs
  14. Obscura
  15. Last Words

Besetzung

  • Bass

    David Vetsch

  • Gesang

    Michael Sele

  • Gitarre

    Michael Sele, Marco Gassner

  • Schlagzeug

    Mac Vinzens

  • Sonstiges

    Michael Sele (Klavier), Philip Hirsiger, Rachel M Wieser (Geige), Andrea Sutter (Cello)

Sonstiges

  • Label

    NoCut/SPV

  • Spieldauer

    64:35

  • Erscheinungsdatum

    22.02.2013

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