Interessantes Konzept: die beiden an dieser Split beteiligten Postrock-Bands (im weitesten Sinn) bieten jeweils zwei eigene Stücke dar, ehe sie mit dem letzten und live eingespielten einen gemeinsamen Klangwirbel erzeugen.
Wo sich CORBEAUX den erwartbaren Vertretern ihres Stils andienen (MOGWAY, EXPLOSIONS IN THE SKY) und zuweilen etwas herbere Züge hervorkehren, die ebenso obligatorisch auf der NEUROSIS-Schiene laufen, zeigen VOLTE FACE retrospektive Anwandlungen, indem sie Achtziger-Elektronik zitieren und manchmal fast notorisch auf ihre Schuhe starren.
Ein Vergleich mit den Landsleuten AIR liegt somit auf der Hand, denn auch wie das im Kern nur aus Sourdy und Torelly bestehende Projekt E-Gitarren mit Synthesizern verflicht, klingt tatsächlich originell und entbehrt jeglicher Klangkälte. "Blade Runner" gelingt dadurch der Brückenschlag von einer rein assoziativen Klangkulisse zu konkretem Kopfkino, in dem sich letzten Endes sogar tanzen lässt. Dass "In Another Life" auf dem gleichen Prinzip beruht, ist angesichts des jubilierenden Charakters insbesondere des gelöst klingenden Gitarrenriffs im Zentrum nicht weiter schlimm.
CORBEAUX' "Airpaint" beruht auf einem Klavier-Ostinato, an das sich Genre-typisch verhallte Gitarren knüpfen, bevor ein dezidiertes Break zum schleppenden, aber nach vorne auf einen sonischen Gipfel zudrängenden Hauptteil des knappen Stückes überleiten. Dass das Hauptmotiv, ein launiges, angezerrtes Riff, leicht ins Ohr geht, gereicht dem Quartett zum Erfolg. Wer hinterher angesichts des Titels "28 Jours Plus Tard" einen vertonten Endzeit-Film erwartet, sieht sich zunächst getäuscht, denn der Song verwandelt sich erst nach einem freundlichen Beginn zu teils dissonantem, aber in seinen Grundkomponenten immer noch unterscheidbaren Klanggewitter, das anders als der erste Track wenig eigenständig exerziert, wovon die erwähnten Vorbilder nach hinreichendem Exerzieren abgesehen haben.
Somit sind VOLTE FACE die interessanteren der beiden Gruppen, auch weil ihre Impulse im gemeinschaflich ersonnenen Titelstück deutlicher zu Tage treten. "The Meeting Point" - der Song - erinnert an die weniger trippigen Arbeiten von OZRIC TENTACLES, bloß eben mit halbwegs modernem Geschrammel im Sinne der Genannten von der "Post": interessante Musik, jeweils verstanden als Überwindung (ob zutreffend oder nicht, liegt im Ohr des Hörers) von Pop und Rock, wie man sie bis spätestens zur Jahrtausendwende kannte.
FAZIT: "The Meeting Point" - die EP - bietet einen Einblick ins Schaffen französischer Musiker, die erfolgreich auf mehreren Hochzeiten tanzen: elektronische Sounds und organische Riff-Wände. Dessen ungeachtet nimmt das kompositorische Geschick sowohl von VOLTE FACE als auch CORBEAUX für die beiden Combos ein.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.05.2013
Thomas Sourdy, Johanne Dubois
Antoine Torelly, Mickaël Pochet, Maël Le Gouichaoua
Antoine Torelly, Thomas Sourdy
Franck Dubois, Joris Saidani
Mickaël Pochet (Xylophon)
Eigenvertrieb / Blackwave
25:21
09.11.2012