Echte Maniacs werden bei Erwähnung des Namens WITCH CROSS nur müde lächelnd auf einen halb verwesten Patch auf ihrer Kutte zeigen und was von „Wat heißt hier Geheimtipp, Roskilde '84, die ham wir doch alle abgefeiert, Kassette von liegt heute noch bei mir im Auto.“ murmeln. Ein paar Generationen nach den Ursuppenköchen des Heavy Metal sei aber ein wenig Nachhilfeunterricht erlaubt.
WITCH CROSS aus Dänemark existierten zunächst nur rund sechs Jahre. Ihre erste Single erschien 1982, das erste und bislang einzige Studioalbum „Fit For Fight“ zwei Jahre darauf. Nach einigen Konzerten in Nord- und Mitteleuropa und munteren Besetzungswechseln, an denen sich nur Basser Jan Normark nicht beteiligte, war 1986 die Luft raus. Inzwischen sind WITCH CROSS wieder aktiv (u.a. als Special Guest für einige GOTTHARD-Shows im Herbst 2012), haben neben Normark auch wieder Ur-Gitarrist Mike Kock in ihren Reihen und planen ein neues Album.
Bemerkenswert an WITCH CROSS ist die Tatsache, dass sie kurz nach ihren Landsleuten MERCYFUL FATE als eine der ersten eigenen Gruppen von Roadrunner Records unter Vertrag genommen wurden. Da außerdem Niels Erik Lund (MERCYFUL FATE, KING DIAMOND) bei „Fit For Fight“ hinter den Reglern saß, liegt eine Soundverwandtschaft der beiden Gruppen nahe. Das ist aber nur bedingt der Fall.
Mit Sänger Alex „Savage“ Madsen hatten WITCH CROSS einen klassischen Hochtöner in ihren Reihen, der keinerlei Ambitionen hatte, auch böse Töne hervorzubringen, sondern eher mit dem Kreissägen-Vibrato der Glam-Fraktion liebäugelte. In Verbindung mit Sounds, die unter der Bezeichnung Heavy Metal gerade eine presserelevante Schublade neben Hard Rock bezogen hatten, erinnert vor allem die erste Hälfte von „Fit For Fight“ (bei Titeln wie „Night Flight In Tokyo“ und „Rocking The Night Away“ bedarf es eigentlich keiner weiteren Erklärung) volle Kanne an die SCORPIONS. EUROPE, alte JUDAS PRIEST und SATAN fallen mir spontan noch ein. Viel Midtempo, eingängige Refrains, ausladende Solos mit viel Gequietsche, vereinzelte Twin Guitars. Qualitativ war bzw. ist das zwar noch ein Stück von den erfahreneren Vergleichsgruppen entfernt, vor allem Madsen agiert bei hohen Tönen mit seinem Vibrato, als würde er mit einer Malerrolle versuchen, Türrahmen zu streichen: Getroffen ja, aber auch... Ansonsten geht die Truppe aber motiviert zu Werke und fabriziert gefälliges, wenn auch recht vorhersehbares Material.
Richtig Spaß machen WITCH CROSS, wenn sie völlig unerwartet in Speed Metal-Passagen ausbrechen. Bei „Killer Dogs“ fängt man sich danach wieder, das instrumentale „Axe Dance“ ist zur Hälfte auf der Überholspur unterwegs und „Alien Savage“ gibt über die gesamte Länge Gas. Wieder müssen hier JUDAS PRIEST, die SCORPIONS („Another Piece Of Meat“) und frühe IRON MAIDEN als Vergleich herhalten. Hier geben sich WITCH CROSS aber keine Blöße, fahren voll auf Angriff und wissen sich mit solidem Schlagzeuger und zu Hochform auflaufenden Gitarristen bestens aufgestellt. Dazu passt der leicht kratzige Sound, der dem restlichen Songmaterial wegen fehlenden Hochglanzes sonst eher negativ angerechnet werden kann.
FAZIT: Wer WITCH CROSS bisher nicht kannte, findet mit dem Re-Release von „Fit For Fight“ ein spannendes Stück Zeitgeschichte zwischen klassischem Heavy und Speed Metal. Selten wirklich originell, aber mit Biss und einer angenehmen Rauigkeit gespielt. Macht Laune!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.01.2013
Jan Normark
Alex Nyborg Madsen
Cole Hamilton, Mike Kock
Anders Hjort
Hell's Headbangers Records
41:17
2012