Nach dem Erfolg des selbstbetitelten Debütalbums (105 Wochen in den Charts, Platz 3 als höchste Position und Doppelplatin für mehr als 500.000 verkaufte Exemplare) meldet sich das französische Fräuleinwunder ZAZ mit dem zweiten Album "Recto Verso" (was soviel wie "Vordeseite Rückseite" oder "vorne hinten" bedeuten dürfte) zurück. Und wird vermutlich wieder genauso erfolgreich sein, denn an der musikalischen Ausrichtung hat sich im Grunde genommen nichts geändert.
Noch immer gibt es von Isabelle Geffroy, wie ZAZ eigentlich heißt, französische Populärmusik in so ziemlich allen möglichen Facetten. Jazz, Swing, Rock, Chanson, Folklore, Zirkusmusik, Soul, New Wave, Singer/Songwriter - die stilistische Bandbreite ist hoch, doch von einem heterogenen Mischmasch kann keine Rede sein. Denn über allem steht die markante, gleichermaßen verraucht raue wie mädchenhaft zarte Stimme von ZAZ, mit der sie ihre mitunter bezaubernd schönen Gesangslinien darbietet. Da muss auch die detailverliebte Instrumentierung hinten an stehen, wenngleich sie den Grundcharakter eines Songs maßgeblich zu prägen weiß. Dass im Zirkuswalzer "J'ai tant escamoté" dementsprechend Akkordeon, Drehorgel und Tuba erklingen, ist klar, während der flotte swingende Chanson "Comme ci, comme ça" Kontrabass, Klavier und spanische Gitarren auffährt. So unterschiedlich der Charakter eines jeden Songs ist, so ist "Recto Verso" in der Gesamtbetrachtung aber typisch französisch - und das nicht nur wegen der Sprache.
Es ist diese fröhliche Melancholie, die ein ständiger Begleiter von ZAZ ist und die den besonderen Reiz ausmacht. Bei aller Lebensfreude, die von der Musik vermittelt wird, hat man jedoch nie das Gefühl von Oberflächlichkeit, sondern es funkelt stets eine tiefer gehende Ernsthaftigkeit durch. In der augenzwinkernden Albernheit eines Songs wie "Oublie Loulou" (der trotzdem toll gesungen ist) oder einer klassischen, großen Kitschballade wie "Si" vielleicht ein bisschen weniger, dafür umso stärker in ruhigeren Stücken wie "T'attends quoi", "La lessive" (nur mit Gesang und Gitarre vorgetragen) oder dem zart-fragilen "Si je perds". Für Abwechslung sorgen darüber hinaus die New Wave-Anleihen in "Gamine" oder der fast schon psychedelisch anmutende Rock von "Déterre".
FAZIT: Tolle französische Popmusik, die mit einer ähnlich bezaubernden Atmosphäre daher kommt, wie seinerzeit "Die fabelhafte Welt der Amélie" und allein schon deshalb dem Gros der nationalen Radiomusik vorzuziehen ist.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.05.2013
Sony Music
41:33
10.05.2013