Als Solo-Ableger von FLATFOOT 56 (Tobin Bawinkel ist deren Frontmann) erweist sich 6'10 als ausgesprochen herzliche Angelegenheit, auch wenn das Konzept nicht neu ist: Melancholie und reduzierter Folk, rootsig wie der Punk, aus dem der Künstler stammt.
Bawinkel kehrt menschliche Schwächen hervor ("Timothy"), statt den rebellischen Watz heraushängen zu lassen, was für zahlreiche eindringliche Momente sorgt. Verspielte Gitarrenarbeit forciert diese Leidenschaft ebenso wie Schifferklavier und Fiddle, die das Ganze erdig, aber trotzdem klanglich edel wirken lassen.
Kompositorisch ist dieses Gesamtkunstwerk (stilvolles, sinnträchtiges Artwork) relativ stark ausgefallen, sei es mit dem heiteren Stop-and-Go "Peach Farmer", klassischem Songwriter-Stoff wie "Hurricane" und "Someday Hun" (mit Pennsylvania Dave als Gast) oder Lagerfeuermusik mit Küstenflair, die eine gewisse Weite vermittelt, Sehnsucht eben bei aller Intimität. Diesen Eindruck vermitteln vor allem "Da Boss" und der Opener "Cannonball", nach dem ruhigen Mittelteil dann das rührende "Tuesday" und das wahrlich große Finale "The Travelers" mit THE-REIDS-Mann Brandon Reid. "The Humble Beginnings" ist insgesamt also ein anheimelndes Stück Traditionsmusik mit keltischer Note, aber garantiert ohne Dudelsack-Klischees.
FAZIT: 6'10 ist mit diesem Album ein Highlight aus dem weiteren Punk-goes-Acoustic-Umfeld gelungen, das mit Lyrics über die Mittelschicht sowie Alltagsgeschichten, in die sich jeder einfinden kann, vor ansprechendem instrumentalen Hintergrund langfristig regelrecht begeistert - nicht zuletzt dank Tobins gebrochener, aber nie resignierender Stimme.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.12.2014
Ollie Mob / Burnside
46:23
19.12.2014