Das bereits achte Album der Belgier wird der Gore-Bruderschaft wohl gefallen: trotz leichter Abschwächung, was Image, Live-Performance und auch Artworkgestaltung anbelangt (viel Comic, viel Core – beinhartes Fleischerdasein sieht anders aus), gibt es musikalisch hier noch immer mit Pfeffer auf die Mütze.
„The Necrotic Manifesto“ ist ABORTED in Perfektion – beweist aber einmal mehr, dass die Band trotz aller Extreme inzwischen nur noch gute Selbstkopie betreibt. Die Horizonte sind entsprechend abgesteckt und sowohl musikalisch als auch textlich haben die Belgier eigentlich schon vor einigen Platten bereits die Schlachterplatte abgefrühstückt.
Dennoch zeigt das neue Album auf, dass man trotz viel Bekanntem durchaus überzeugen kann und der Hörer nach einigen Durchläufen das Produkt durchaus zu schätzen beginnen kann. Unterhaltungswert aufgrund von zwar sehr vorhersehbarer aber tight und technisch gespielter und verdammt gut produzierter Kost. Echte Überraschungen gibt es nicht wirklich und wenn der Hörer inmitten des Gemetzels den ein oder anderen klaren Gedanken zu fassen vermag, wird er stets an Kapellen wie CARCASS oder EXHUMED erinnert, die ganz oft ganz ähnlich klingen.
Für den deutschen Hörer gibt es mit 'Die Verzweiflung' dann doch noch eine coole Nummer – mit deutschem, für Bandverhältnisse fast philosophischem Text (gutes Deutsch, aber die letzten kleinen Fehler hätte man eigentlich noch abglätten können). Und so lebt die Platte selbst eben eher von ihrer Brachialität insgesamt als von ihren Songs: geile Nummern, wie 'Coffin Upon Coffin' überzeugen im ersten Moment zwar, stoßen jedoch spätestens beim dritten Durchlauf etwas zu fleischig mit Galle von CARCASS und Magensäure von IMPALED und EXHUMED auf.
FAZIT: ABORTED sind ohne Frage weit vorn in der Pathologen- und Sezier-Liga, schaffen es jedoch auch auf dieser Platte nicht wirklich, den eigenen Stempel aufzudrücken. So ist „The Necrotic Manifesto“ ein wahres Manifest von Tod und Verwesung – reiht sich aber auch nur im oberen Drittel im extremen Gore Death-Bereich ein. Wer die Band auf den letzten drei Alben mochte, der wird auch hier nicht enttäuscht, denn in puncto Spieltechnik, Abwechslung und auch Produktionsstandards gibt es gar nichts zu meckern.
PS: Die sonst recht verzichtbar aufgemachte limited Edition im langweiligen Pappkarton und mit kompliziertem Doktor-Kartenspiel kommt übrigens mit genialer SUFFOCATION-Coverversion von 'Funeral Inception', die die Anschaffung schon wieder rechtfertigt...
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.05.2014
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28.04.2014