Welchen Stil ACCEPT spielen, das muss man heutzutage wirklich niemandem mehr erklären. Erwartungsgemäß halten sich also auch auf dem neuen Werk "Blind Rage" die Neuerungen in Grenzen. Das bedeutet nicht, dass das dritte Album mit Sänger Mark Tornillo exakt klingt wie seine beiden Vorgänger, aber die Unterschiede befinden sich selbstverständlich innerhalb des stilistischen Rahmens der Band. Was man definitiv schon mal festhalten kann, ist die höhere Melodiedichte, die gelegentlich an Alben wie "Metal Heart" gemahnt.
Am Vorabtrack und Opener "Stampede" wurde an mancher Stelle bereits Kritik laut. Zu austauschbar und unspektakulär klinge der Song. Damit haben die Kritiker leider nicht Unrecht, als erstes Lied war das zweifelsohne die falsche Wahl. Glücklicherweise geht es mit "Dying Breed" deutlich besser weiter und der Fan kann aufatmen. Bei kommenden Live-Auftritten wird man dieses Stück defintiv zu den Highlights zählen können.
Dass "Blind Rage" deutlich melodiöser ausgefallen ist als seine Vorgänger wurde ja bereits angesprochen und das zeigen gleich mehrere der nachfolgenden Tracks. "Dark Side Of My Heart" sticht mit massiven Mittachtziger-Anleihen heraus und auch danach geht es deutlich weniger aggressiv weiter als der Albumtitel erwarten ließ. Bei "Wanna Be Free" und dem später folgenden "The Curse" übertreibt man es allerdings etwas und driftet dadurch in den Kitsch ab. Das ist allerdings zu verschmerzen, da das Album an Highlights dennoch nicht arm ist. Explizit erwähnt werden sollten auf jeden fall "200 Years" und "From The Ashes We Rise", bei denen ACCEPT unter Beweis stellen, dass sie immer noch mit hymnenhaften Melodien umgehen können und zwar ohne dass irgendetwas schiefgeht.
Herausragend ist auch auf "Blind Rage" selbstverständlich Wolf Hoffmanns Gitarrenarbeit. Wie der Mann es nach mehr als 30 Jahren noch schafft, sich immer wieder fantastische Riffs und besonders wunderbare Soli aus dem Ärmel zu schütteln, ist und bleibt wohl sein Geheimnis. Dies muss man besonders würdigen, wenn man bedenkt, dass den meisten Nachahmerbands, die bei weitem noch nicht so lange dabei sind bereits nach wenigen Alben die Luft ausgeht. Wie immer lässt es sich Hoffmann auch diesmal nicht nehmen das ein oder andere Zitat in seinen Soli unterzubringen, nachzuhören unter anderem in "Dying Breed" oder auch im letzten Song "Final Journey", in welchem er Edvard Griegs "Morgenstimmung" interpretiert (was beim ersten Hören allerdings doch etwas seltsam tönt). Ein weiteres Lob gilt Frontmann Mark Tornillo, der etwas variabler zu singen scheint als zuvor, auch wenn man ihn natürlich trotzdem extrem schnell wiedererkennt.
FAZIT: Die melodischere Ausrichtung von "Blind Rage" steht ACCEPT gut zu Gesicht und so schafft man es den Vorgänger "Stalingrad" zu übertreffen, auch wenn es nicht reicht um das Combeback-Album "Blood Of The Nations" zu erreichen. Hätte man nicht manche Melodie etwas zu cheesy gestaltet und außerdem den ein oder anderen Song mal unter der Fünf-Minuten-Marke ins Ziel gehen lassen, dann wäre vielleicht mehr drin gewesen. Aber das soll nicht zu schwer wiegen, wer ACCEPT will, der bekommt auch weiterhin ACCEPT und das mit angemessener Qualität.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.08.2014
Peter Baltes
Mark Tornillo
Wolf Hoffmann; Herman Frank
Stefan Schwarzmann
Nuclear Blast
58:34
15.08.2014