Wenn eine sogenannte „Supergroup“ erstmals ans Tageslicht tritt, schwanken die Reaktionen stets zwischen reflexartigem Huldigen und annähernd ebenso reflexartiger Kritik. ADRENALINE MOB ging es mit ihrem Debüt „Omertà“ im Jahre 2012 nicht anders: Dank der hochkarätigen Besetzung mit Mike Portnoy (Ex-DREAM THEATER) an den Drums oder Wundersänger Russell Allen (SYMPHONY X) wurde dem Quartett von Anfang an große Beachtung beschenkt – es gab aber auch kritische Stimmen, die „Omertà“ bei weitem nicht so außergewöhnlich fanden, wie es stellenweise gemacht wurde.
Ein wenig lästerlich gefragt: Wäre der Hardrock der heftigen Sorte auf breiter Ebene auch so gut angekommen, wenn eben unbekannte Gesichter hinter dem Werk gestanden hätten? Natürlich, eine hypothetische Frage, aber irgendwo dennoch interessant. Denn letztlich krankte „Omertà“, so wie es Kollege Andreas Schulz in seiner Kritik auf diesen Seiten formulierte, ein wenig daran, dass ADRENALINE MOB den Makel eines Projektes nicht so recht abstreifen konnten.
Das ist auf dem Nachfolger „Men Of Honor“ nun ein wenig anders. Das liegt gar nicht einmal daran, dass Drumtentakel Portnoy mittlerweile nicht mehr an Bord ist und durch Ex-TWISTED-SISTER-Trommler AJ Pero ersetzt wurde, sondern vielmehr daran, dass die Songs insgesamt ein wenig homogener klingen, natürlicher, fließender. Zudem wird auf „Men of Honor“ die Abwechslung noch größer geschrieben als auf dem Debüt. Songs wie das mitreißende „Feel The Adrenaline“, das so etwas wie die Bandhymne werden könnte, hätten auch „Omertà“ gut zu Gesicht gestanden, und auch die für Hardrockbands fast schon brutal riffenden „Mob Is Back“ oder „Let It Go“ sind von ähnlichem Gewicht wie die Songs vom Erstling. Klassische Rockhymnen wie „Dearly Departed“ oder „House Of Lies“ lockern „Men Of Honor“ ebenso auf wie das melancholische Neuland, das die Band mit dem abschließenden (und großartigen!) „Fallin‘ To Pieces“ betritt.
FAZIT: ADREANALINE MOB haben ihre unbändige Energie beibehalten und um einige weitere Nuancen erweitert. Dass Russell Allen wieder einmal eine annähernd perfekte Gesangsleistung abliefert, ist natürlich nicht überraschend, darf aber dennoch erneut erwähnt werden – vom düsteren, mehr als nur modern angehauchten Riff-Fiesling über fröhliche Hardrockhits bis hin zum nachdenklichen Songgedicht – Allen liefert stets die passende Stimme dazu. Der Sänger ist die halbe Miete; den Rest liefern ADRENALINE MOB auf „Men of Honor“ in noch besserer Qualität und Abwechslung als auf dem Debüt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.02.2014
John Moyer
Russell Allen
Mike Orlando
AJ Pero
Century Media
51:31
21.02.2014