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Appearance Of Nothing: A New Beginning

Stil: Progressive Metal

Cover: Appearance Of Nothing: A New Beginning

Progressive Metal neigt in den letzten Jahren dazu, nur noch ganz selten wirklich spannende Veröffentlichungen hervorzubringen. Zumeist überbieten sich die Bands darin, DREAM THEATER möglichst detailgetreu zu kopieren (inklusive DREAM THEATER), wichtiger als funktionierende Songs scheinen vielen Nachwuchsbands eher gesetzlich geregelte Mindestbreaks pro Song oder wilde Ritte über Griffbrett oder Keyboardtasten zu selbstdarstellerischen Zwecken zu sein.

Und dann gibt es noch Bands wie HAKEN, ETHEREAL ARCHITECT – oder eben APPEARANCE OF NOTHING. Die Schweizer zeigen auch auf ihrem dritten Album, wie man die Stilbeschreibungen „progressiv“, „modern“, „unnachgiebig hart“ und „eingängig“ sinnvoll miteinander kombinieren kann, so dass am Ende die Beschreibung „einzigartig“ dabei herauskommt. Wie schon auf dem Vorgänger „All Gods Are Gone“ scheuen sich die Eidgenossen auch auf „A New Beginning“ nicht davor, harsche Töne anzuschlagen, lassen Basser Omar Cuna schon mal gutturale Grüße in Richtung Death Metal entsenden, riffen heftiger, als dies NEVERMORE jemals getan haben – um nur Sekunden später mit einer Göttermelodie um die Ecke zu kommen, bei der die Stimme von Pat Gerber sämtliche Körperhaare in Hab-Acht-Stellung schickt. Nachzuhören beispielsweise beim über zehnminütigen „Without A Reason“, das den Hörer auf die viel zitierte Achterbahnfahrt schickt: Eben noch wähnt man sich in einer Freddie-Krüger-Version von SYMPHONY X, um nur Sekunden später das Licht am Ende des Tunnels in Sonnenexplosionshelligkeit strahlen zu sehen.

Natürlich kommen auch APPEARANCE OF NOTHING nicht drum herum, dass DREAM THEATER erwähnt werden. Auch auf „A New Beginning“ gibt es die eine oder andere Passage, die an die einstigen Taktgeber der Prog-Metal-Szene erinnern. Geschenkt. Es gibt vermutlich keine Prog-Band, die nicht Einflüsse der New Yorker Ausnahmekönner verarbeiten würde. Auch die Tatsache, dass das Quintett NEVERMORE, SYMPHONY X oder VANDEN PLAS schon einmal gehört hat, kann weder verwundern noch verärgern, denn das, was APPEARANCE OF NOTHING am Ende des Tages aus ihren Einflüssen machen, ist absolut eigenständig. Hier treffen knüppelharte Passagen auf herzerweichende Melodien, hier trifft Pat Gerber sowohl mit seiner rauen Stimmauslegung als auch mit melodiös-sanften Varianten stets den richtigen Ton, hier werden Death-Metal-Vocals nicht wegen einer oberflächlichen „Boah, gumma, sind wir hart“-Attitüde wahllos platziert, sondern weil sie in den Fluss der Songs passen, hier funktionieren Melodien als authentische Herzöffner und nicht als Untermalung eines Disney- und/oder Einhorn-Films.

FAZIT: Angefangen beim hymnenhaften „Chains Of History“ (nachzuhören und –schauen auf Youtube) über die zwei Monster-Ideen-Ansammlungen „Without A Reason“ und „A New Beginning“ bis hin zum abschließenden „When The Glass Breaks“, das den Finger des Hörers nach einer knappen Stunde mit mehrstimmigen Chören und Gitarrenharmonien, die Gary Moore im Rockerhimmel erfreuen werden, direkt in Richtung „Repeat“-Taste schickt: „A New Beginning“ ist kein wirklicher Neuanfang für die Schweizer, sondern eine konsequente Fortführung dessen, was der Vorgänger bot. Moderner Progressive Metal, der die Protagonisten traumwandlerisch sicher auf den schmalen Drahtseilen zwischen Kunst und Kommerz, zwischen Eingängigkeit und Komplexität, zwischen Melodie und Härte zeigt. „All Gods Are Gone“ bekam an dieser Stelle 13 Punkte – und die Wertung für „A New Beginning“ mit seinen sich nicht abnutzenden Melodien ist gleichzeitig Honorierung für das Geleistete wie Ansporn für das vierte Album: Die 15 schaffen APPEARANCE OF NOTHING auch noch…

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.02.2014

Tracklist

  1. Chains Of History
  2. Without A Reason
  3. The Seer
  4. A New Beginning
  5. Forsaken
  6. Echoes
  7. When The Glass Breaks

Besetzung

  • Bass

    Omar Cuna

  • Gesang

    Pat Gerber, Omar Cuna

  • Gitarre

    Peter Berger, Pat Gerber

  • Keys

    Marc Petralito

  • Schlagzeug

    Ronnie Wolf

Sonstiges

  • Label

    Power Prog

  • Spieldauer

    57:39

  • Erscheinungsdatum

    14.02.2014

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