Wenn sich SCHLECHTE NACHRICHTEN VEREINIGEN, dann kann beim besten Willen am Ende eigentlich nichts Gutes herauskommen, oder?
Allerdings müssen wir uns weit, weit zurück in die Vergangenheit begeben, um bei den BAD NEWS REUNION, einer Hamburger Band, die sich dem Westcoast-Sound mit Leib und Seele verschrieben hat, anzukommen. Ihr letztes Lebenszeichen in Form eines Studio-Albums liegt gut 30 Jahre zurück und hieß „Two Steps Forward“ (1982).
Nach deutlich mehr als zwei Schritten vorwärts und langer Zeit, die das wallende Haar der Musiker ergrauen ließ, erscheint nun, nicht unbedingt sensationell, doch mindestens sehr überraschend, das zweite reguläre BNR-Studio-Album „Lost And Found“. Ein uraltes Spulen-Tonband ziert das Cover und verweist auf angenehme Weise bereits auf die Musik, die uns in der folgenden 50 Minuten erwartet: Songs, mal mit viel Groove, mal ruhig und verträumt, die sich im Folk, Blues und natürlich Westcoast verdammt wohl fühlen. Mehrstimmige Satzgesänge, wie wir sie von den EAGLES kennen, bilden neben der Musik ein zusätzliches Grundgerüst, welches das Album von Anfang bis Ende trägt. Allerdings erscheint es schon ein wenig unverständlich, dass mit JULIAN DAWSON eine Gastmusiker für zwei Titel, „Come Over Here“ und „Down Here“, gewonnen werden konnte, welcher eigentlich besonders für seine angenehme, charismatische Stimme bekannt ist, der aber auf besagten Songs nicht singt, sondern nur Harmonika spielt. Vergeudetes Musikpotenzial!
„Lost And Found“ ist ein Album geworden, das „alte“ Musiker spielen, die in gewisser Weise den Mühen des Alters unterliegen. Denn die CD beginnt schwung-, sogar druckvoll, aber ihr geht im Laufe der Zeit die Luft aus. Auch scheinen ab „Moment In Time“ die Hamburger sich immer mehr auf den alten Gaul TRAVELING WILBURYS zu schwingen und träge mit ihm durch die Songs zu traben, selbst wenn, wie bei „Bee Goes To The Sea“, auch mal ein 'DYLAN hat den Blues' vorbeischaut. Sehr oft wirkt die Musik auf „Lost And Found“ zu gefällig, zu zahnlos. Musik von Gebissträgern für Gebissträger. Eine gehässige, aber trotzdem nicht ganz von der Hand zu weisende Behauptung. Auch weil die Texte, bis auf ganz wenige Ausnahmen, sich behäbig über den „Boulevard Of Dreams“ quälen, um immer wieder als „Arrow In My Heart“ mit dem „Moon Over You“ im „Fairy Tale“ bei „Hold Me, Love“ anzukommen. Auch wenn mit „Down Here“ - eine Art Selbstfindungstitel, der zu dem Schluss kommt, dass man sich am Ende doch immer auf der Suche nach etwas, wahrscheinlich Unerreichbarem befindet – sich eine textlich beachtenswertes Kleinod eingeschlichen hat, das von seiner bissigen Textaussage her in ein zu zahmes Rotkäppchen-“Röck“chen gekleidet wird.
FAZIT: Mein sehr treffend (be)schreibender Kollege Schiffmann stellte in seiner Kritik zu „Live im Logo“ fest, dass BAD NEWS REUNION in ihrer Musik „Westcoast von der Nordseeküste“ verewigen. Dem kann ich mich widerspruchslos anschließen, nur hätte ich mir bei diesem Studioalbum, auf das wir immerhin gut 30 Jahre warten mussten, deutlich mehr Flut und weniger Ebbe gewünscht.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.02.2014
Martin Prill
Michael Schlüter, Jochen Brückner, Uli Kringler
Michael Schlüter, Jochen Brückner, Uli Kringler
Peter Urban, Uli Kringler
Heinz Lichius
Julian Dawson (Harmonika)
Sireena Records
50:26
24.01.2014