Vorab ein herzliches Dankeschön an Kollegen Schiffmann, der im Vorfeld schon ausgiebig, sehr fundiert und mir absolut aus dem Herzen sprechend die <a href=" http://musikreviews.de/reviews/2014/Beth-Hart-And-Joe-Bonamassa/Live-In-Amsterdam/ " rel="nofollow">2-CD-Ausgabe eben dieses Konzertes</a> besprochen hat. Auch mich beschleicht, wenn ich mich vordergründig nur der Musik von HART & BONAMASSA zuwende, die in diesem Falle hauptsächlich aus gecoverten Songs besteht, das Gefühl, dass „Live In Amsterdam“ ein absolut verzichtbares Live-Projekt zweier Musiker geworden ist, die von ausgezeichneten Musikern begleitet werden. Und wenn jemand glaubt, dass er mit dieser Doppel-DVD nun einen wirklichen Volltreffer landet, der irrt. Egal, wie gut und von hervorragender Qualität auch die Filmaufnahmen seien mögen – am Ende bleibt das Ausschlaggebende, nämlich die Musik, nur absolutes Mittelmaß mit Hang zum Perfektionismus.
JOE BONAMASSA erscheint in den ermüdend langen Dokus (insgesamt 100 Minuten) der Bonus-DVD mal wieder als der sympathische Junge mit Schirmmütze und Jeans von nebenan, der auf der Bühne zum Gentleman-Rocker im Anzug und mit Pomade im Haar mutiert.
BETH HART, die wie eine vokale Kombination aus MELISSA ETHERIDGE und TINA TURNER klingt, beglückt uns in den Dokus ebenfalls mit sehr ausführlichen, aber trotzdem nicht besonders weltbewegenden Ausführungen, in denen wir immer wieder ihre Arm-Tattoos und bei kompletten Ganzkörperaufnahmen zusätzlich ihre Stilettos bewundern dürfen. Ein wenig ist ihr natürlich auch anzusehen, dass die studierte Cellistein und Sängerin, die auch Hervorragendes am Piano zu leisten vermag, in den späten 90ern nicht nur JANIS JOPLIN, welche sie im Musical „Love Janis“ spielte und nicht nur als Sängerin hoch verehrte, sondern leider auch als exzessive Drogenkonsumentin. Aber das ist zum Glück Vergangenheit und wurde von ihr ausgiebig in ihrem 2003er Album „Leave The Light On“ aufgearbeitet.
Vielleicht ist ja auch beachtenswert, dass BETH HART, die auf der DVD mehrmals mit dem Kürzel BH verewigt wird, gerade diesen beim Konzert offensichtlich nicht trägt. Und das darf ich hier bestimmt auch schreiben, wenn BETH HART ihre Konzertansagen mit solchen Bemerkungen wie: „Im nächsten Song geht’s, glaube ich, einfach nur um Sex“, garniert. In diesem Falle ist es die Ansage für „Close To My Fire“.
Warum bitte aber touren zwei so begnadete Musiker, die sich eigentlich dem Blues mit Leib und Seele verschrieben und jede Menge Eigenes in dieser Beziehung geschaffen haben, mit solcher Konzertnummer durch die Weltgeschichte? Viele Big-Band-Sounds, klassischer Rock und auch Blues – fast alles gecovert und nur wenig Eigengewächse. Da wirken selbst so einige solistische Ausflüge von JOE BONAMASSA bei weitem nicht so authentisch wie bei seinen Solo-Konzerten.
Ein bisschen seltsam erscheint auch die Tatsache, dass JOE BONAMASSA nach dem IKE & TINA TURNER-Song „Nightbush City Limits“ extra noch mal durch's Mikro „BETH HART, Ladies and Gentleman“ ansagt und die Hart sich ordentlich abfeiern lässt, ohne jedoch sowas wie „JOE BONAMASSA on the guitar!“ zu erwidern. Schon das zeigt die schwerpunktmäßige Verteilung dieses Konzerts, die deutlich auf BETH HART, aber nur marginal auf JOE BONAMASSA orientiert ist. Vielleicht liegts ja daran, dass gegeltes Haar, ein grauer Anzug und eine Hornbrille eben keine Chance gegen deutlich sichtbare Brustwarzen unter einem Kleid und zwei geilen Arm-Tattoos (rechts eine Blume, links eine Schlange) haben.
FAZIT: Zwei DVDs zu einem holländischen Konzert in Amsterdam am 29. Juni 2013, das durchaus die Frage aufwirft, warum zwei so eigenständige Musiker sich an fremden Songs abarbeiten, statt ein gemeinsames Programm auf die Bühne zu bringen, in dem ihre eigenen Kompositionen dominieren. Natürlich alles perfekt in Bild und Ton (Stereo, 5.1 Dolby Digital und dts) gebracht, aber trotzdem am Ende nicht das in Szene setzt, was wir von einem JOE BONAMASSA und einer BETH HART eigentlich erwarten dürften. So ist es nur, wie mein Kollege Schiffmann so schön formuliert, eine „freundliche Dienstleistung“ geworden. Wer sich damit zufrieden geben kann, dem wird diese Doppel-DVD Freude bereiten. Wer aber auf einen eigenständigen Bonamassa oder eine eigenständige Hart steht, der wird sich irgendwann gelangweilt abwenden.
Die Bonus DVD enthält auf über 100 Minuten zwei sehr ausgiebige Dokumentationen mit den ewig gleichen „Alles bestens“-Statements involvierter Musiker und Techniker zu der Konzert-Tournee und speziell dem Amsterdamer Konzert. Außerdem dürfen wir noch einem fünfminütigen Foto-Stream unter dem Begriff „All Access Pass: Beth & Joe Photo Collection“ folgen und einer sechseinhalbminütigen alternativen Konzert-Version des Songs „Someday After Awhile (You'll Be Sorry)“ lauschen, die gerade durch den Gesang Bonamassas erfrischend abwechselnd klingt. Manchmal ist vieles davon einfach nur Masse statt wirklicher Klasse, weil die Leidenschaft hinter dem Hang zur "Cover"-Perfektion zurücktritt!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.03.2014
Vergleiche bitte die Angaben zur Doppel-Live-CD unter unserer Seite!
Mascot Music
225:00
07.03.2014