Wenn jemand mit Quertreibern wie Frank Möbus (unter anderem schon mit dem Schlagzeuger-Freigeist Jim Black gehört worden) zusammenarbeitet, kommt kein Caféhaus-Jazz heraus, aber verkopft klingt "Raw Vision" nun auch wieder nicht. Vielmehr ist dem Saxofonisten Grab ein Combo-Album gelungen, das in seinen besten Momenten an die herrlich ungelenken Werke von Monk (und das ganz ohne Piano) und Mingus erinnert.
Das ist nicht nur rhytmisch bedingt, sondern auch in Sachen Melodien, die nur selten traditionell boppig anmuten wie während "Handyzombie" und beim versöhnlichen Ende "Körper" - und überhaupt diese Titel ... Vom Humor des Komponisten hätte sich der bemühte Kritiker-Poet Wolf Kampmann für die Liner-Notes dieser Platte etwas abschneiden sollen, denn so zwanglos und doch zugleich ausgefallen, wie etwa der aufwiegelnde Höhepunkt "Klick dich selbst!" klingt, liest sich sein Text nicht. Wunderbar auch in dieser Hinsicht: das elegante Doppel aus "Mein Drummer spinnt" sowie "Melancholeriker".
Daneben vollzieht der Schweizer Bläser einen Spagat zwischen materialhaft und groovig in Gestalt von "Rohkost" (Die Gitarren haben hier etwas von John Scofield) und fügt seinem unkonventellen Stil mit Thomas Lueschers Akkordeon eine weitere spannende Klangfarbe hinzu, die das Titelstück und vor allem "Zeitraffer" prägt. letzteres bringt zudem einen gestrichenen Bass zu Gehör, angesichts dessen man sich nicht umsonst an Paul Chambers oder Jimmy Garrison erinnert fühlt, denn das hier ist ...
FAZIT: ... Jazz, so frisch wie zur Pionierzeit, bloß eben aus dem Jetzt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.06.2014
Silvan Jager
Frank Möbus, Ronny Graupe
Maxime Paratte
Christoph Grab (Saxofon, Bassklarinette), Thomas Luescher (Akkordeon), Bernhard Bamert (Tuba, Posaune)
Unit Records / Harmonia Mundi
42:28
13.06.2014