Endlich mal wieder ein neues Lebenszeichen in puncto richtig gutem Retro-Progs aus Norwegen. Nachdem uns in jüngerer Vergangenheit diesbezüglich die norwegischen WOBBLER großzügig mit 60er- und 70er-Jahre-Prog-Klängen begeisterten, ziehen nun D'ACCORD souverän nach und legen mit ihrem dritten, einfallsreich „III“ genannten, Album genau dort nach, wo WOBBLER uns in guter Erinnerung blieben und paaren Erinnerungen an JETHRO TULL und URIAH HEEP mit viel Eigenständigkeit und einer rotzigen, an die 70er erinnernden Produktion. Analog gemastert – ja, eine Selbstverständlichkeit bei solch einer Soundperle.
Es war wirklich eine kluge Entscheidung, sich dem Klang nach auch an den 70ern zu orientieren. Denn die vielen Hardrock-Elemente auf „D'accorD III“ kommen so erst richtig überzeugend und voluminös zur Geltung. Hier ein bisschen UFO, da etwas DEEP PURPLE und dort auch ein wenig frühes ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA – ach, was war das doch damals für ein Lebensgefühl, als es noch keine CD-Player oder massenhafte Downloads gab, sondern große schwarze Scheiben mit ganz vielen dünnen Rillen darin, auf die man einen Tonarm mit Saphir setzen musste, um diese zum Klingen und manchmal auch Knistern zu bringen. Genau hier setzen die Norweger an und wecken sogar eine Sehnsucht in uns, auch mal wieder dieses damals so verhasste Knacksen wahrzunehmen, das einem alptraumhafte Visionen beim Hören verursachte, jetzt aber eine gehörige Portion Nostalgie in uns auslöst. Auch das Cover des Albums mit Auge, nackter Frau und naiver Malerei in Schwarz, Rot und Blau trägt zu diesem Eindruck zweifelsohne bei. Und natürlich fragen wir uns zusätzlich, wenn es auf dieser CD einen „Song For Jethro“ gibt, wo denn der „Song for Tull“ geblieben ist. Oder hätten die Norweger nicht auch ein kleines Prog-Stück wie „For My King“ von einem weiteren namens „Against My Crimson“ ablösen lassen können? Alles Wünsche, die beim Hören von „D'accorD III“ ihre volle Berechtigung hätten.
Achillesferse des Albums ist aber, wie leider noch immer viel zu oft im Prog, der Gesang. Kein Gabriel oder Fish, Hammill oder Wetton, Lake oder doppelter Anderson stehen hier am Mikro, sondern „nur“ der komponierende und textende Gitarrist & Flötist DANIEL MAAGE, der eben auch seine eigenen Songs singt. Das kann er relativ gut, nur hängen bleibt davon nur wenig, da seine Stimme höchstens ein paar Erinnerungen an PETER GABRIEL, der mit den Folgen eines Stimmbruchs kämpft, weckt. Allerdings stehen Maages Flöteneskapaden denen von IAN ANDERSON in nichts nach.
Angeblich wurden alle Titel des Albums, das „filled with adventourous and progressive sounds“ ist, ohne Nachbearbeitung in einem Stück aufgenommen. Auch das weckt wieder jede Menge Erinnerungen an die gute alte Zeit und verleiht „D'accorD III“ einen zusätzlichen Charme. Auch der Bonustrack „The Doom That Came To Sarnath“, der wie eine ausrangierte Version von THE WATCH klingt und mit knapp 11 Minuten Laufzeit sogar der längste des Albums ist, fügt sich ohne jegliche Abstriche in das Gesamtkonzept von „D'accorD III“ ein. Spricht das nun für oder gegen das Album? Die Antwort darauf kennt nur der Wind oder derjenige, der sich auf dieses ...
FAZIT: … progressive Achtungszeichen aus dem Land der Fjorde, Gebirgsketten und kargen Hochebenen einlässt. Von allem hat auch der Prog-Rock D'ACCORDs etwas – Höhen und Tiefen, mal im Fluss, mal holprig, und immer mit einem Blick zurück, wobei der Blick nach vorn recht deutlich vernachlässigt wird.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.03.2014
Årstein Tislevoll
Daniel Maage
Stig Are Sund, Fredrik Horn, Daniel Maage
Fredrik Horn
Bjarte Rossehaug
Daniel Maage (Flöte)
Karisma Records
61:18
10.03.2014