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Darkher: The Kingdom Field

Stil: Dark Ambient Gothic Folk Doom Spiritual Esoteric

Cover: Darkher: The Kingdom Field

Na, ist das mal ein Projekt wie aus dem Marketing-Hype-Ei gepellt. Mysteriöse Sängerin, lange Haare, weite Landschaften, Spiritualität, düstere Musik – Schublade auf, DARKHER rein, Schublade zu, Fall gelöst. Oder?

Klarer Fall von falsch gedacht: Die britische Mikrofon- und Gitarrenfee Jayn H. Wissenberg lässt sich auf der Debüt-EP „The Kingdom Field“ unter ihrem Künstlernamen DARKHER nicht so leicht in die Karten gucken. Vier Tracks werden geboten, die den Hörer zunächst einmal ein wenig rätselnd und unschlüssig zurücklassen, die ihn jedoch mit jedem Hördurchgang tiefer in die Musik DARKHERs eintauchen lassen. Was beim unachtsamen Erstkontakt noch wie ein still ruhender musikalischer Binnensee wirkte, entpuppt sich immer mehr als mitreißender Strom, gar Strudel, der unweigerlich im tiefsten Meer landet und den Hörer samt und sonders verschlingt.

Sanfte Chöre und ebenso zarte Akustikgitarren verbreiten zunächst den Irrglauben, hier sei eine Schönwettermusikerin auf der Suche nach esoterischer Selbstverwirklichung am Werk, doch immer mehr schlägt die Stimmung um, wird unheilvoller, bedrohlicher, düsterer. Die Stimme von Miss Wissenberg klingt zwar durchweg fragil – im Info ist vortrefflich die Rede von „spukhaft“, für das mir trotz intensiven Nachdenkens kein besserer und treffenderer Begriff eingefallen ist –, doch keinesfalls dünn. Vielmehr schafft die Sängerin es, gleichermaßen deprimiert wie zuversichtlich zu klingen, ebenso kalt und ablehnend wie Trost spendend und erhaben. Die Musik lässt sich dabei wie ein mit karger Besetzung bestückter Holzkutter von den Wellen treiben, streift den Gothic-Bereich ebenso wie den Folk und den Doom, lässt sich auf ein Rendezvous mit Ambient-Klängen ein, ist auch dem Post Rock zugetan – und ist am Ende alles wie nichts von dem gerade Beschriebenen. Anspieltipps zu geben ist geradezu töricht, wer dennoch meint, mit dem schnellen Klick im Internet vollständigen Zugang zu dieser tiefschürfenden Musik zu bekommen, dem seien „Hung“ und „Foregone“ ans Herz gelegt.

FAZIT: Aufrüttelnd, verstörend, liebreizend: „The Kingdom Field“ vereint scheinbare Gegensätze in sich. Trotz der sparsamen Instrumentierung und der – da ist sie wieder – spukhaften Stimme der Hauptprotagonistin agieren DARKHER atmosphärisch dichter als jede 256-Spur-Bombast-Gruppe. Die Musik braucht Zeit, zwei intensiv zuhörende Ohren ohne Ablenkung und störende Alltagsgeräusche – dann will man „The Kingdom Field“ gar nicht mehr loslassen.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.11.2014

Tracklist

  1. Ghost Tears
  2. Hung
  3. Foregone
  4. The Kingdom Field

Besetzung

  • Gesang

    Jayn H. Wissenberg

  • Gitarre

    Jayn H. Wissenberg

Sonstiges

  • Label

    Prophecy

  • Spieldauer

    22:02

  • Erscheinungsdatum

    14.11.2014

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