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DeSerter: The Good Life

Stil: Plastischer Synthie-Pop

Cover: DeSerter: The Good Life

„DESERTER bedeutet: Abtrünniger, Fahnenflüchtiger. DESERTER ist neu und anders. Eigenständig, autonom und unabhängig. Frei aber auch aufzugreifen, was bisher geschah und frei zu verbinden, was vielen als unvereinbar gilt.“

Da nimmt sich ein Musiker aber verdammt ernst und verbreitet auf seiner Homepage Botschaften, die er mit der Musik auf „The Good Life“ nicht ansatzweise erfüllen kann - noch schlimmer wird‘s, wenn dann Bezüge zur „Protestbewegung der Sechziger, den Singer/Songwritern der Siebziger und aus Punk entstandenem New Wave der Achtziger“ hergestellt werden. Alles Quatsch und Wunschdenken, aber nicht ein bisschen symptomatisch für die Musik von DESERTER.

Wenn überhaupt erleben wir auf diesem schwer erträglichen „The Good Life“ eine Reise in die Disco-Zeit der frühen 80er Jahre, in der wir uns alle unheimlich cool vorkamen, wenn wir mit gegelten Haaren zu ALPHAVILLE, ERASURE oder CAMOUFLAGE nach deren elektronisch ausgerichtetem Pop-Kitsch tanzten. Im Grunde aber ist man froh, dass diese Zeit - oder genau diese Musik - dann genauso schnell wieder verschwand, wie sie damals permanent auf der Tanzfläche auftauchte. Nun versucht das Einmann-Musik-Unternehmen DESERTER auf „The Good Life“ genau diese Zeit wieder aufleben zu lassen. Mit 11 Songs, die man in der Dreiviertelstunde Disco-Nostalgik plus Peinlichkeit locker im Disco-Fox-Tanzschritt verbringen kann. Nur wer will das noch?

Aber zum Glück gibt es ja auch eine wirklich zutreffende Aussage auf dem Pressetext: „‘Keep it simple‘, lautet die Devise. Ein Mensch mit einem Mikrophon und einem Rechner, nicht weniger, aber auch nicht mehr... So kann jedes Kind seine Idee von Musik schnell, einfach und mit extrem niedrigen Kosten verwirklichen.“
Ja, genau - es ist ein kindliches, billiges Album, das uns da präsentiert wird!

Ewig gleich klingender, in den höheren Lagen angesiedelter Gesang trifft auf sich ständig wiederholende Rhythmen, die sich mal durch ein langsameres bzw. schnelleres Tempo unterscheiden. Am Ende steht der Beweis dafür, dass es eben nicht reicht, einen Computer programmieren und in ein Mikro trällern zu können. Selbst wenn bei „Tomorrow I‘ll Be Gone“ zusätzlich an die discoträchtigen KRAFTWERK-Ausflüge der Marken „Wir sind die Roboter“ oder „Das Modell“ angeknüpft wird. Computerisierter Musikmüll bleibt Müll und wird nicht Musik. Ach so - und wenn man etwas besser singen könnte, wäre es auch sehr hilfreich!

Der Mann hinter DESERTER schafft auf „The Good Life“ künstlich klingenden Plastik-Pop, den allerhöchstens noch ein paar Disco-Nostalgiker und ALPHAVILLE-Verehrer brauchen, und der schneller, als man denkt, garantiert in den ewigen Jagdgründen der überfressenen Festplatten irgendwelcher Download-Musik-Ordner verschwinden und vergessen wird. So gut auch die Absicht des Musiker ist, sein Können, diese auch erfolgreich umzusetzen, ist jedenfalls kaum zu erkennen bzw. zu hören.

FAZIT: Biedere Electronic-Beats und Synthie-Pop plus Texten, die mit naiv klingender Poesie nachdenkliche Negativ-Botschaften transportieren sollen, sind die Zutaten dieser Pop-Suppe, die in den schrecklichsten Momenten Ähnlichkeiten zu MODERN TALKING und in den besten zu KRAFTWERK aufweist. Leider überwiegen die schrecklichen Momente dieses Disco-Albums jedoch eindeutig.

Punkte: 3/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.12.2014

Tracklist

  1. First World Third
  2. Pictures Of Me
  3. On A Moonlit Day
  4. Über weites Land / Great Wide Plain
  5. (We Have Always Known The) Dreams Of CPUs
  6. Those Last Days Of Summer
  7. Tomorrow I‘ll Be Gone
  8. The Human Condition (Die Stadt schläft noch)
  9. The Good Life
  10. The Art Of Falling
  11. Bonus: First World Third (Single Edit)

Besetzung

  • Gesang

    DeSerter

  • Keys

    DeSerter

Sonstiges

  • Label

    DeSerter Music / Membran

  • Spieldauer

    45:42

  • Erscheinungsdatum

    14.11.2014

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