Gespannt fieberte man vor drei Jahren dem Comeback des technisch versierten Knüppelkommandos von DECAPITATED entgegen. Dabei war klar, dass Album Nummer fünf nicht nur personell eine Herausforderung darstellen würde. Doch "Carnival Is Forever" konnte Skeptiker und Kritiker gleichermaßen überzeugen. Nun meldet sich das Quartett mit neuer Besetzung am Schlagwerk und Tieftöner zurück, um mit "Blood Mantra" die tragische Erfolgsgeschichte fortzuschreiben.
Eben jene Tragik begrenzt sich jedoch diesmal glücklicherweise auf die musikalische Ebene. Getreu dem Motto "Stumpf ist Trumpf", lässt "Blood Mantra" nahezu alles vermissen, für das die Band einst stand und zurecht den Ruf als Innovatoren des Genres innehatte. Mit Schwarmgitarren und donnernden Blastbeats prescht "Exiled In Flesh" ebenso gradlinig wie unspektakulär nach vorne weg, genau wie die darauffolgende erste Singleauskopplung "The Blasphemous Psalm To The Dummy God Creation". "Veins" deutet dann an, was im Titeltrack vollends zur Geltung kommen soll: eine gehörige Ladung auf Groove getrimmter Modern bis fast schon Nu Metal. Wäre da nicht die absolute technische Präzision sowie das gelegentliche Aufblitzen des vertrackten Geistes von MESHUGGAH, könnte man glatt vermuten, Herr Cavalera höchstpersönliche habe sich für einen üblen Scherz ins Studio geschlichen und EKTOMORF B-Seiten eingespielt.
Weiter geht es mit "Nest", einem gepflegten Gruß an diverse Core-Genres. Ein zwiespältiger Track, der trotz oder gerade weil der Simplizität durchaus zum Kopfnicken verleitet und im Mittelsektor in Kombination mit dem flinkem Tapping-Part eines der wenigen Highlights des Albums bereithält. Ohnehin gewinnt "Blood Mantra" im hinteren Drittel deutlich an Stärke. Auf "Instinct" zeigt sich die Band endlich von ihrer technischeren Seite, verliert sich aber in abrupten Breaks und verkrampfter Progressivität - das gegenteilige Extrem zum Beginn des Longplayers.
Den Schlusspunkt markiert der eigentliche Titeltrack von "Blood Mantra", das tatsächlich gebetsmühlenartige "Blindness", welches jedoch spätestens nach Minute fünf völlig ausgelutscht ist und dennoch über weitere zweieinhalb Minuten den ohnehin schon strapazierten Geduldsfaden an die Grenzen seiner Belastbarkeit führt. Das danach mit "Red Sun" noch ein Ambient geschwängertes Klangexperiment folgt, lässt sich nur mit dem künstlichen Strecken der Gesamtspielzeit erklären.
FAZIT: Zwischen "Organic Hallucinosis" und "Blood Mantra" liegen Welten. Zwar klingen DECAPITATED auch anno 2014 noch extrem, jedoch in entgegengesetzter Richtung auf der Qualitätsskala.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.09.2014
Pawel Pasek
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Nuclear Blast Records
39:43
26.09.2014