Wenn einer seit 40 Jahren von einem Album über 31.000.000 (!!! - diese Zahl muss man unbedingt mal ausschreiben) Tonträger abgesetzt hat, dann muss das schon was ganz Besonderes sein. Wenn man außerdem einen Song davon zugleich als Sterbeliedchen für zwei zweifelsohne schwer beeindruckende Superdamen, MARILYN MONROE und LADY DI, verkaufen kann, ist dies nicht etwa makaber, sondern extrem erfolgsversprechend – nicht nur aus ökonomischer Sicht, selbst wenn die moralische dabei doch ein wenig auf der Strecke bleibt.
Auch 40 Jahre später muss sich dieser Verkaufsboom, der in mindestens zehnjährigem Abstand beständig wiederbelebt wird/wurde, doch fortsetzen können. Natürlich kann man das! Und jeder, der was auf sich und seine Musiksammlung hält, kommt wohl auch an dieser multimedialen Großtat wirtschaftlicher Wiederbelebung des Musikgeschäfts nicht vorbei und stellt sich zu seinen xX±Ausgaben nun natürlich auch die XXL-Ausgabe mit dazu. Diese XXL-Variante trägt auch den Titel „Die ultimative Reissue“ und wartet darauf, in ein paar Jahren garantiert von der „megaultimativen Reissue“ noch übertroffen zu werden. Sowas ist natürlich nur möglich, wenn man als Musiker ein wirklich schwer beeindruckendes Album namens „Goodbye Yellow Brick Road“ veröffentlicht hat und noch dazu ELTON JOHN heißt.
Über die Qualität dieses siebten im Kanon der 33. Studio-Alben zu philosophieren, hieße nicht nur irgendwelche Eulen nach Athen zu tragen, sondern auch sich als Kritiker auf das Niveau einer Kuh zu begeben, die ja bekanntlich ein Wiederkäuer ist. Darum lassen wir es hier mal felsenfest in Stein gemeißelt stehen, dass „Goodbye Yellow Brick Road“ nicht nur Eltons erfolgreichstes, weil wohl meistverkauftes, sondern auch des Johns bestes Album ist. Denn gerade auch seine gewagte Kombination von Pop, Soul und Rock mit sogar progressiven Strukturen, die besonders beim das Album eröffnenden elfminütigen Longtrack „Funeral For A Friend / Love Lies Bleeding“ waren im Jahr 1973 auf der absoluten Höhe der Zeit. Und was damals so normal erschien, weckt besonders heute, im Zeitalter von über Fernsehwertungssendungen geschaffenen Wegwerf-Pop-Stars, wieder sehnsüchtige Erinnerungen.
Dieses Album von ELTON JOHN hat es also wirklich wie kein anderes verdient, in dieser luxuriösen 4CD-DVD-Buch-Jubiläumsbox mit den direkt von den Analogbändern neu remasterten Aufnahmen wiederveröffentlicht zu werden. Doch was sollen alle anderen seltsamen Parallel-Veröffentlichungen bedeuten?
Ein 1-CD-Set, ein Doppel-CD-Set samt „Best Of“ des „Live At Hammersmith“-Konzerts, ein digitales Remaster für iTunes, eine Standard 12'-LP + Download Card, ein HD Pure Audio Blu-Ray Album und natürlich besagtes 5CD/DVD-Boxset deluxe mit 100-seitigem Hardcover-Buch voller seltener Fotos, Erinnerungsstücke und einem neuen Essay mit Interviews mit Elton John und Bernie Taupin. Das ist nun wirklich ein bisschen zu viel des Guten.
Unerlässliches Goldstück der Sonderedition ist natürlich das komplette 73er Konzert, das in ausgezeichneter Klangqualität vorliegt und locker auch einige der Pink Floyd-Konzertveröffentlichungen aus den Luxus-Boxen aussticht. Genauso wichtig erscheint auch die Bonus-CD, die neben 9 Coverversionen sehr unterschiedlicher britischer Musiker auch rare Demos und einige Single-B-Seiten enthält. Für einen wirklichen Fan von ELTON JOHN erscheint der Luxus dieser Box natürlich unerlässlich mit dem Luxus auch viel Geld für ein Album auszugeben, das er in ähnlicher Form längst besitzt, aber durch seine reizvollen Beigaben zwanghaft zum Kauf zwingt.
FAZIT: Wir müssen wohl alle damit leben, dass unsere Musikhelden der Vergangenheit, in immer wieder neuer Form ihre musikalischen Großtaten „neu“ veröffentlichen und mit zusätzlichen akustischen wie optischen Beigaben versehen, die uns eine Anschaffung der Scheibe in seiner immer wieder neuen Form unerlässlich erscheinen lässt. Das aktuell beste Beispiel dafür ist die „Neuveröffentlichung“ von ELTON JOHNs „Goodbye Yellow Brick Road“, die sich so oder so auf jeden Fall lohnt. Vorausgesetzt man muss sich das Geld dafür nicht vom Munde absparen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.03.2014
Dee
Elton John
Davey
Elton John
Nigel
Del Newman (Orchestral Arrangements)
Universal Music / Mercury
293:25
21.03.2014