‚Nightmare-Pop‘ und ‚Hexen-House‘ sind nur zwei der zahlreichen Label, die ESBEN & THE WITCH seit ihrem Debüt vor fünf Jahren angeheftet (und im Falle von ‚Witch House‘ andernorts sofort wieder aberkannt) wurden. Darkwave/-folk, Post-Punk-Rock, Dream-Pop gesellen sich gerne hinzu. In der Kombination geht das alles in Ordnung, wobei mir ‚Nightmare-Pop‘ am besten gefällt, vorausgesetzt man fast den Pop-Begriff so weit, dass er fast schon Anti- ist…
Die Aufnahmen zu „A New Nature“ wurden von Steve Albini geleitet und das merkt man dem Album (positiv) an. Keine flirrenden Synthies, echte Trommeln statt Drumcomputer, die weitgehende Reduktion auf die klassische Triobesetzung Gitarre/Bass/Drums plus/inklusive Sängerin tun Band und Werk gut. Trotz der instrumentalen Zäsur bleibt der Sound voll, dafür sorgen ein Katakomben-Bass, der gelegentlich an die Glanzzeiten der STOOGES erinnert, Daniel Copemans höchst akzentuiertes Schlagzeugspiel und Fishers fragile bis brachiale Variationen an den Gitarren.
Nach sachtem, besinnlich gestimmtem Einstieg, steigern sich die Songs – insbesondere die Longtracks - mit brodelnder Intensität bis zum jeweiligen Finale furioso. Keine instrumental überladenen, kakophonischen Ausbrüche, sondern scharfkantig kontrolliertes Chaos, dessen Ankunft lauernd, schleichend vorbereitet wird. Die ruhigen, folkigen Passagen sind von karger Schönheit; Wehleidigkeit und betont gruftige Trauerarbeit werden vermieden. Rachel Davies säuselt, singt und schreit mit Inbrunst dazu. Die perfekte Erzählerin der Träume im Hexenhaus.
Für Überraschungen sind ESBEN & THE WITCH ebenfalls gut. Zu den Höhepunkten des Albums gehört jene runde zweiminütige Sequenz im eindringlichen Viertelstünder „No Jungle“, die (fast) allein einem einsamen Trompeter gehört. Erinnert leicht an die Großtaten der späten TALK TALK. Davor heißt es, ebenso eindrucksvoll wie nachdrücklich, nicht „I wanna be your dog“, sondern: Iam alive, Iam no dog, I am a wolf!“ Zum Ende hin fast manisch wiederholt. Nur ein großer Song unter anderen, auf einem großartigen Album.
FAZIT: Während Referenzpunkt SIOUXSIE AND THE BANSHEES geblieben ist, haben sich die an MY BLOODY VALENTINE orientierten Traumschwurbeleien zugunsten eines SWANS nahen manischen Mantras weitgehend verflüchtigt. Reduktion und Klarheit bei äußerst stimmiger Produktion, die es an Fülle nicht mangeln lässt, führen fast zwangsläufig zum bisher besten Album des Trios, dem ein Platz ganz weit vorne in meinen persönlichen Jahrescharts sicher ist
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.09.2014
Rachel Davies
Rachel Davies
Thomas Fisher
Daniel Copeman, Rachel Davies
Daniel Copeman
Nostromo/Rough Trade
56:08
05.09.2014