Trotz des omnipräsenten Einflusses der amerikanischen Kultur auch auf dem europäischen Festland, schaffen es doch nicht alle Trends weltweit in gleichem Maße zu wirken. Die Rede ist natürlich nicht von koffeinhaltigen Sommerbrausen oder schlauen Telefonen, sondern von Bands und Künstlern, die zuhause immer noch Millionen scheffeln, während sie es hierzulande deutlich schwerer haben. SKILLET beginnen gerade erst mit dem Versuch, sich in Europa einen Namen zu machen, aber Größen wie GODSMACK tun sich schon seit 15 Jahren schwer.
Die letzte, eigentlich als Festival-Europatour gedachte Reise fand 2012 statt, musste aber nach ein paar Wochen aufgrund von Stimmproblemen des Frontmanns Sully Erna abgesagt werden. Ersatzkonzerte gab es der Logik nach also bis heute nicht, was aber auch seine Gründe hat. Vielen Festivals war ein Auftritt der Bostoner wohl einfach zu teuer, weswegen zum Beispiel in Deutschland u.a. im Rahmen der Dortmunder Music Week der Signal Iduna Park für ein Konzert vor mehreren Tausend Besuchern gebucht wurde. Es lag wohl vor allem am saftigen Ticketpreis von fast 50€, dass ein Umzug in die kleinere Westfalenhalle 3a unausweichlich war, bevor die Tour schließlich ganz gecancelt wurde.
Schade ist das vor allem deswegen, weil GODSMACK im Vergleich zu anderen US-Metal-Bands sich immer wieder gewillt zeigten, ihre radioorientierte Musik mit exotischen Einflüssen aufzupeppen. Magische Songs wie 'Voodoo' und 'Serenity', akustische Experimente à la 'Touché' oder der spannende Einsatz von Trommeln während ihrer Liveshows machte den Trupp zusammen mit ihren zahlreichen Hits und der unverkennbaren Stimme Sully Ernas zu einem runden Paket. Problem trotz der Charterfolge (die letzten drei Alben toppten allesamt die Billboard-Charts): Ein durchgängig hochwertiges Album haben GODSMACK noch nicht aufgenommen. Da macht auch das sechste Studiowerk keine Ausnahme, das im Übrigen fast einen Monat nach US-Release in Europa erscheint. Eher im Gegenteil.
Das hängt auch damit zusammen, dass "1000hp" nicht nur dem Titel nach zu urteilen, eine bis auf den wie immer auf Hochglanz polierten Sound entschlackte, lockere Sommerplatte werden sollte. Was an sich erst mal eine nachvollziehbare Entscheidung ist, verkommt hier zu einer teils langweiligen, teils etwas selbstgefälligen Sache, die nach ein paar ernsthaften Gedankenspielen schnell wieder in der Versenkung verschwunden wäre. Als erstes Beispiel kann sofort der Titelsong zu Rate gezogen werden. Es hat offensichtlich nicht gereicht einen klischeehaften Hot Rod aufs Cover zu klatschen, es mussten auch noch noch klischeehaftere Motorengeräusche gesamplet werden, damit auch ja jeder versteht, dass es hier um 1000 Pferdestärken geht. Dem an sich guten Song schadet im weiteren Verlauf sein schrecklich egoistischer "Wir-habens-der-Welt-gezeigt"-Text, den eine Band, die über 40 Millionen Platten abgesetzt hat, nun wirklich nicht schreiben muss.
'Something Different' oder 'Generation Day' sind hingegen klebrige Bubblegum-Rocker, mit denen sich GODSMACK das letzte bisschen Respekt in der Metalszene verspielen. Songs wie 'FML' und 'Living In The Gray' hingegen bleiben schlicht und ergreifend belanglos. Die zweite Hälfte des Albums wird von Groove Metal-Riffing dominiert, das ab und an zwar nett anzuhören ist und ein paar rhythmische Experimente zu bieten hat, einen wirklich tollen Song bekommt das Quartett aber nicht mehr gebacken. Das beginnt schon mit dem an Nr.4 gesetzten 'What's Next' und 'Locked & Loaded', die zumindest noch mit einem halbwegs spannenden Aufbau und ordentlichen Refrains aufwarten, aber bei Weitem keine Hits darstellen. 'Turning To Stone' wildert teilweise etwas zu sehr im eigenen Trademark-Trommelsound, ist aber noch ok. 'I Don't Belong' oder 'Nothing Comes Easy' hingegen sind zwar keine schrecklichen Lieder, aber sie hätte auch niemand vermisst, was man von 'Life Is Good' leider nicht behaupten kann. Als lockere Hommage an alkoholgeschwängerten Southern und Radio Rock gemeint, ist der Song nichts anderes als eine peinliche Partyhymne, bei der einen selbst die Lust auf Sex, Drugs & Rock'n'Roll vergeht. Da hört ich mir ja noch lieber Bon Jovi an, wie sie die Talkbox strapazieren.
FAZIT: Auf das durchaus gelungene "The Oracle" folgt mit "1000hp" das zusammen mit "IV" schlechteste Album im GODSMACK-Katalog. Der aufgelockerte Ansatz geht nicht auf, der Titeltrack bleibt der einzige Hit, reicht aber selber nicht an die Toptracks der Diskografie heran. Ansonsten gibt es viel Bemühtes aber auch viel Belangloses und zum Teil Peinliches, es fehlt an Spannung, aussagekräftigem Songwriting und Widerhaken. Für 1000 Pferdestärken unter der Haube rumpelt das Ding wenig erinnerungswürdig an einem vorbei. Da ist es auch nicht weiter schlimm, dass die Europäer etwas länger auf die Scheibe warten mussten.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.08.2014
Robbie Merrill
Sully Erna
Tony Rombola; Sully Erna
Shannon Larkin
Spinefarm Records
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29.08.2014