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Hands of Orlac: Figli del Crepuscolo

Stil: Doom Metal

Cover: Hands of Orlac: Figli del Crepuscolo

"Bevor wir alle keinen Okkult-Rock mehr hören können...", begann meine Rezension des zweiten CARONTE-Albums, und genau so ließe sich auch dieser Text über "Figli del Crepusculo" ("Söhne der Dämmerung") eröffnen, das zweite Album der italienisch-schwedischen HANDS OF ORLAC. Da denkt man, so langsam müsste sich das Untergenre kreativ totgehext und plattgekifft haben, aber aus der Masse von SABBATH- und PENTAGRAM-Klonen erheben sich immer wieder faszinierende Acts.

HANDS OF ORLAC haben sich klugerweise (nicht wirklich) nach einem Horrorfilmklassiker benannt - viel Spaß beim Suchen ihres selbstbetitelten Debüts. Dass die Band weder über eine Homepage noch über eine Facebookseite verfügt, macht die Sache nicht einfacher. Was wissen wir über HANDS OF ORLAC? 2009 gründen zwei Italiener die Band: Bassist Filippo (ORLAC-Pseudonym: The Templar) und Sängerin Ginevra (The Sorceress). Als die Band 2011 ihr Debüt im schwedischen Misantropen-Studio aufnimmt, stoßen drei Schweden hinzu: David Olofsson (The Puritan), Gitarrist bei den Heavy-Metal-Wunderkindern PORTRAIT, sowie Drummer Jens Rasmussen (The Clairvoyant) und der zweite Gitarrist Alex Moraitis (kein ORLAC-Pseudonym). 2012 siedeln die beiden Italiener The Templar und The Sorceress in das schwedische Malmö über. Keine blöde Entscheidung, denn wer auf frühen Heavy Metal steht, ist kaum irgendwo auf der Welt so gut aufgehoben wie in dem Land, das IN SOLITUDE, RAM, PORTRAIT und dergleichen noch viel mehr hervorgebracht hat.

Mehr noch als klassischer Metal scheint eine eher junge Band den Sound von HANDS OF ORLAC beeinflusst zu haben: BLOOD CEREMONY aus Kanada, die ihr Debüt 2008 veröffentlichten. Frappierendste Gemeinsamkeit: Die Frontfrau, die nicht nur singt, sondern zwischen den Strophen auch Querflöte spielt. Ohgottohgott, haben wir es etwa mit einem Plagiat zu tun? Nicht ganz, das geübte Ohr wird Unterschiede zwischen beiden Bands entdecken. BLOOD CEREMONY sind dem Hard Rock und dem Licht näher, HANDS OF ORLAC dem Heavy Metal und der Dunkelheit. Bei BLOOD CEREMONY tritt die Flöte als gleichberechtigtes Instrument auf, bei HANDS OF ORLAC dient sie eher dem Aufbau einer gespenstischen Atmosphäre. Dennoch: Auf einer gemeinsamen Tour werden wir beide Bands nicht erleben.

Neben BLACK SABBATH und der NWOBHM dient das Horrorkino aus derselben Zeit als maßgeblicher Einfluss für den Sound von HANDS OF ORLAC. "Figli del Crepuscolo" eignet sich wunderbar als Soundtrack zu antiquierten Gruselfilmen von Dario Argento und Mario Bava. Wie BLOOD CEREMONY und auch ihre amerikanischen Kollegen von OCCULTATION stehen HANDS OF ORLAC vor der Herausforderung, dass die Nische, die sie besetzt halten, nur geringfügige Variationen zulässt. Die Songs auf dem Album ähneln einander sehr, doch dank der Gitarristen kommt keine Langeweile auf. An den Gesang und die Flöte hat man sich, so herrlich sie auch klingen, nach zwei Songs gewöhnt, danach kristallisieren sich die Gitarren als die eigentlichen Stars des Albums heraus. Die Riffs wirbeln umher, komplex und doch eingängig, halten nur selten inne, bremsen aber wenn nötig auf SAINT-VITUS-Tempo herab, um im nächsten Moment nach PRIEST-Manier kräftig drauflos zu stampfen. Wilde Soli, Filmschnipsel und Keyboard-Töne werden sparsam genug eingesetzt, um hochwirksame Akzente zu setzen. Nur wer auf schnelle Hits aus ist, wird hier enttäuscht.

FAZIT: Diese italienisch-schwedische Zusammenarbeit kann sich hören lassen. Retro-Doom als Untermalung für Horrorfilme, geschmackssicher und dennoch heavy. Ohne BLOOD CEREMONY und mit ein, zwei wirklich einprägsamen Songs auf dem Album hätte es eine höhere Punktzahl gegeben.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.12.2014

Tracklist

  1. I Figli del Crepuscolo
  2. Last Fatal Drop
  3. Burning
  4. A Coin in the Heart
  5. Noctua
  6. A Ghost Story
  7. Mill of the Stone Women

Besetzung

  • Bass

    The Templar

  • Gesang

    The Sorceress

  • Gitarre

    The Puritan, Alex Moraitis

  • Schlagzeug

    The Clairvoyant

  • Sonstiges

    The Sorceress

Sonstiges

  • Label

    Terror from Hell

  • Spieldauer

    43:43

  • Erscheinungsdatum

    13.11.2014

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