Die Hardrock-Welt ist ja voller merkwürdiger Biografien – die von HAREM SCAREM allerdings ist selbst in diesem bizarren Paralleluniversum noch etwas Spezielles. Nach einigen anfänglichen Erfolgen ändert man die musikalische Ausrichtung ein wenig, als dann der süße Ruhm deutlich stockender genossen werden kann, ändert man den Namen in Rubber – allerdings nur auf dem heimischen, kanadischen Markt, während man außerhalb ihrer Heimat weiterhin als HAREM SCAREM auftritt. Nach zwei Alben wechselt man wieder zum ursprünglichen Namen, das (famose) 2002er-„Comeback“-Album „Weight of The World“ wird aber dennoch auf einigen Märkten unter dem Rubber-Banner vermarktet. Einige Alben später wird das Ende der Band angekündigt, da sich die Mitglieder anderweitig orientieren wollen – um sich 2012 wieder zu reformieren.
Soweit alles klar? Ok, dann kann es ja endlich um die Musik auf „Thirteen“ gehen – das, wer hätte es gedacht, das 13. Album der Band ist. Und ganz anders als in der mehr als wechselvollen Geschichte ihrer Combo gehen die Musiker um Sänger Harry Hess auf „Thirteen“ komplett berechenbar und auf Nummer sicher vor – was bedeutet: Hier gibt es melodischen Hardrock vom Allerfeinsten, der zahllose Refrains zum Dahinschmelzen und Hooks der Meisterklasse bietet. Eben genau so, wie es die Band auf Glanztaten wie dem bereits erwähnten „Weight Of The World“ oder „Mood Swings“ getan hat. „Das Album hat alles, was sich Fans von HAREM SCAREM wünschen“, jubelt das Presseinfo – und trifft damit in der Tat den Nagel auf den Kopf.
Klar: Wer auf moderne Riffs steht, wer eine ordentliche Tracht musikalischer Prügel braucht, um morgens aus dem Bett zu kommen, der wird mit HAREM SCAREM nichts anfangen können. Wer aber zartschmelzende Melodien, Hooks, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen und überlebensgroße Refrains in Kombination mit scharf akzentuierten Riffs steht, eben auf eine formidable Spielart des Melodic Hardrock, der wird mit „Thirteen“ absolut glücklich werden.
FAZIT: Glücklicherweise scheinen sich die Kanadier im mittlerweile gesetzten Alter klar darüber zu sein, worin sie am besten sind: Melodic-Rock-Hits am laufenden Band zu schreiben, egal, ob hymnisch oder balladesk – HAREM SCAREM sind der perfekte Mix aus geballter Faust, im Ventilator wehender Fönfrisur und Kuschelrock.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.12.2014
Pete Lesperance
Harry Hess
Pete Lesperance
Pete Lesperance
Creighton Doane
Frontiers Records
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05.12.2014