Beginnen wir einfach mit einer interessanten, aber nicht unbedingt lustigen Anekdote ... auch wenn diese etwas mit der Echo-Verleihung zu tun hat. Ja genau dieser seltsamen deutschnationalen Musikveranstaltung, bei der nicht deutschnationale, dafür aber deutsch national textenden Südtiroler namens FREI.WILD einfach ausgeladen werden, weil ihr Patriotismus unerwünscht, ihre CD-Verkaufszahlen aber durchaus angenehm mitgenommen werden. Genau bei eben dieser pupsigen Grammy-Made-In-Germany-Verleihung trug der Schlagzeuger FLO von den SPORTSFREUNDEn STILLER ein T-Shirt, welches auf eine andere deutsche, gänzlich unbeachtete, weil mainstreamfremde und größtenteil instrumental ausgerichtete Band hinwies. Ihr Name: INSTRUMENT. So gab es zumindest von FLO einen „Applaus, Applaus“ für dieses Münchner Ensemble. War der wirklich berechtigt?
Aus FLOS Sicht definitiv, denn er zitiert auf der aktuellen INSTRUMENT-CD „Read Books“ einen Text von Oskar Maria Graf. Es sei ihm gegönnt. Besonders dann, wenn er sein eigenes Statement zu „Read Books“ mit solch großen, garantiert in die Jahrhundertgeschichte unvergessen-meisterlicher Lyriker-Worten garniert, wie: „This is fickend großartig und wird sehr großartige Veränderungen in euch bewirken.“ Doch noch mehr sollten wir uns, egal ob ge- oder ungefickt, die Musik des Münchner Post-und-sonstwas-Rock-Trios gönnen, die statt akustischen, sich blitzartig verbreitenden Oktoberfest-Ohren-Krebs zu fabrizieren, auf einer MOGWAI- & TORTOISE-Welle schwimmen, die hoffentlich niemals abflaut!
Und als wäre das nicht schon Anspruch genug, versuchen sie uns auch noch mit einer Botschaft zu beglücken, die im Computerzeitalter immer mehr in den Hintergrund tritt: „Lest Bücher!“ Das Album selber aber vermittelt uns dann die Botschaft: „Hört Musik, die nur wenig Chancen in den Medien hat, weil sie ausschließlich Wege abseits des Mainstreams einschlägt.“
Allerdings ist die musikalische sowie die Klang-Qualität, welche uns INSTRUMENT, die als eins ihrer orientierungsreichen Vorbilder auch MOTORPSYCHO nennt, noch nicht ganz ausgereift - ähnlich eben wie bei den Anfangsalben besagter Norweger, die auch gerne Psychedelic und Jazz kombinieren. Guter Musikwein braucht eben doch einige Zeit um zum wahren Hochgenuss zu reifen. Und INSTRUMENT haben schon eine gute, wirklich genießbare Reife erreicht, welche allerdings noch etwas Zeit braucht, um mit dieser Mischung von ausgiebigen Instrumentalpassagen und spärlichem, nicht wirklich beeindruckendem Gesang zur wahren Reife zu gelangen und ein Musik-Schluck für die Ewigkeit zu werden!
FAZIT: Das dritte Album von INSTRUMENT, die ihrem Namen nicht ganz gerecht werden, da sie durchaus auch mit verhaltenem Gesang arbeiten, inspiriert nicht nur durch seinen Titel zum Nachdenken. Die Musik auf „Read Books“ folgt konsequent dem Postrock, der statt zu experimentell zu erscheinen, sich auch dem Pop zuwendet und mit intelligenten Texten versehen ist. Zwar ist „Read Books“ noch nicht der große Wurf, aber in jedem Fall ein musikalisches Lesezeichen.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.04.2014
Markus Schäfer
Markus Schäfer, Nicolas Sierig
Hubert Steiner, Markus Schäfer
Nicolas Sierig
Maximilian Nieberle (zusätzliche Live-Gitarre)
Eigenvertrieb / Rough Trade
47:32
11.04.2014