Die Macher dieses würdevollen Quasi-Nachrufs (man möchte niemandem etwas unterstellen) haben sich nicht lumpen lassen und hauen diese Doppel-DVD in verschiedenen Konfigurationen (teils mit CDs) raus, legen ein liebevoll gestaltetes Booklet bei und lassen ansonsten den Inhalt für sich sprechen; die jüngst verstorbene Bass-Legende Jack Bruce beging Anfang November 1993 an zwei Abenden eine Feier zum vollendeten halben Jahrhundert, die sich sehen und hören lassen konnte.
Die Band des Schotten besteht bei diesem Rockpalast-Showdoppel (Veranstaltungsort: E-Werk Köln) aus namhaften Mitstreitern, die teils als Gäste im Rahmen des illustren Programms auftreten. Der Geburtstag des nie gealterten Musikers tritt vor dem fabelhaften Song-Reigen, den er bietet, rasch in den Hintergrund, wobei sich von selbst verstehen dürfte, dass Bruce seine Karriere gründlich Revue passieren lässt, ohne sich auf alten Lorbeeren auszuruhen. Diese würden etwa "Bird Alone" und "Theme For An Imaginary Western" (Ohrwurm deluxe) heißen, nicht zu vergessen natürlich die unverwüstlichen CREAM-Songs "Spoonful" von Willie Dixon, "Sunshine Of Your Love" (mit fettestem Gebläse und Getrommel), "Politician" und "White Room". Diese stehen sicherlich der Dramatik wegen ganz am Ende der Werkschau, wobei Gary Moore Clapton vertritt (wieso ist Slowhand eigentlich abwesend?).
Da ist allerdings noch mehr, weshalb man die erste DVD mit den weniger offensichtlichen Tracks durchaus als interessanter erachten könnte: "Ships In The Night" mit einer aufwühlenden Maggie Reilly am Mikrofon oder Jacks Klavierduett "Running Thro' Our Hands" mit Jazzer Gary Husband. der Jam-Charakter, den viele Songs in den hier vorliegenden Versionen annehmen, lässt Genre-Grenzen endgültig verschwimmen, so wie es damals wie bis zuletzt wohl im Sinne des Gehuldigten war. Wertige Angelegenheit von vorne bis hinten, und sogar die mitunter schrullige "Rockpalast"-Atmosphäre steht weitgehend hintan. Ob jemand sie genauso vermisst wie Jack Bruce? Bestimmt nicht.
FAZIT: In gewohnt solider (nicht high-endiger) "Rockpalast"-Qualität setzt man dem stilistischen Tausendsassa Jack Bruce mit der Veröffentlichung dieser beiden Konzertfeste auf DVD ein nettes Denkmal. Das 1990er-Flair der Aufnahme verschwindet vor dem Hintergrund teils unsterblicher Nummern aus dem Rock-Bereich und darüber hinaus, mit denen sich der selige Multi-Instrumentalist nun in bester Gesellschaft auf Wolke sieben befinden darf. Ruhe in Frieden, Mr. Bruce!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.11.2014
Jack Bruce
Maggie Reilly, Gary "Mudbone" Cooper, Jack Bruce
Gary Moore, Clem Clempson
Bernie Worrell, Gary Husband
Ginger Baker, Simon Phillips
Dick Heckstall-Smith, Art Themen (Saxofon)
MiG
ca. 236 Min.
05.12.2014