Irland macht's möglich – zumindest wenn es darum geht, einen irischen Musiker und seine Debüt-Album „Early In The Morning“, ohne irgendwelche Casting- oder sonstwelche Pi-Pa-Puller-Show-Teilnahmen mit einem Schlag auf Platz 1 der Charts zu katapultieren. So geschehen im Jahr 2010. Anno 2013 steht JAMES VINCENT McMORROW vor der schweren Aufgabe, mit seinem zweiten Longplayer „So Tropical“ an den Erfolg seines ersten Albums anzuknüpfen.
Doch worin bestehen eigentlich die Qualitäten dieses irischen Musikers, der vor drei Jahren gleich so gigantisch durchstarten konnte?
Ein Grund ergibt sich schon nach wenigen Hörminuten – McMorrows Stimme besitzt Charisma und einen Wiedererkennungswert allererster Güteklasse.
Ob das allerdings reicht, um an diesen Erfolg anzuknüpfen?
Das beantwortet erst McMorrow selbst, indem er feststellt: „Es ist kräftezehrend, immer Schritt zu halten. Ein bestimmter Musikstil ist in der einen Woche angesagt, in der nächsten schon wieder komplett verschwunden. 'Post Tropical' dagegen kann man nicht genau einordnen. Die Songs klingen warm, irgendwie vertraut. Und es gibt immer auch eine bislang ungehörte Komponente. Ich wollte das Schönste schaffen, was ich mir vorstellen kann. Und das kam dabei heraus.“
In diesem Falle lautet seine musikalische Antwort also „Post Tropical“ - ein Album, das acht Monate lang reifte, bis es am Ende ähnlich verwirrend und surreal klang, wie es schon das Cover mit Palme und Eisbär zum Ausdruck bringt.
Die erste Verwirrung beginnt tatsächlich bereits bei McMorrows Stimme, eine Kopfstimme, die in unendlichen Höhen schwelgen kann. In diesen Gefilden bewegen sich wirklich nur solche Ausnahmesänger wie ANTHONY & THE JOHNSONS, BON IVER, JAMES BLAKE oder WILLIAM FITZSIMMONS. Alles irgendwie kauzige Musiker, die das ganze musikalische Singer- & Songwriter-Spektrum zwischen Genialität und Wahnsinn abdecken. Auch könnte die Stimme McMorrows, die auf dem Album überdeutlich in den Vordergrund gemischt wurde, bei einigen schnell zu Ermüdungserscheinungen führen oder ihnen auf die Nerven gehen. Eine reizvolle Stimme bedeutet eben nicht immer auch eine für jedermann gefällige Stimme – das ist sie garantiert nicht. Dafür besitzt sie durchaus sogar eine gewisse Operetteneignung für's Falsett.
Musikalisch wiederum orientiert sich McMorrow eher an den MUMFORD & SONS, allerdings ohne deren typischen Songaufbau nachzuahmen, der ja häufig ruhig beginnt und sich dann beinahe eruptiv steigert. JAMES VINCENT McMORROW bevorzugt diesbezüglich doch eher die ruhigeren Töne, die anfangs recht unaufgeregt klingen, aber sich immer weiter entfalten, indem zusätzlich Instrumente oder Chorgesänge erklingen. Und selbstverständlich gibt’s auch die eine oder andere Eruption zu bestaunen. Hat man sich nur einmal auf diese Musik tiefgründiger eingelassen, wird man von ihr gefangen. Keine Flucht möglich – und das ist es, was McMorrow zu einem Ausnahmetalent werden lässt, das zurecht wie Phoenix aus der Asche in Irland die Charts im Sturm eroberte.
FAZIT:
Diese Musik benötigt keine Vermarktungsstrategien!
Diese Musik ist Kunst – und Kunst kommt von Können.
JAMES VINCENT McMORROW ist ein Könner – ein Künstler – ein begnadeter Musiker, manchmal aber auch gewöhnungsbedürftiger Sänger.
„Post Tropical“ ist der klingende Beweis dafür.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.01.2014
James Vincent McMorrow
James Vincent McMorrow
James Vincent McMorrow
James Vincent McMorrow
James Vincent McMorrow
Believe Records / Soulfood Music
40:53
17.01.2014