Sicher sagt der Name KARI RUESLÅTTEN nicht jedermann etwas, sodass die Frage aufkommt, warum die Norwegerin nach fünf Alben im Verlauf von 20 Jahren, inklusive einer fast zehnjährigen Pause, eine Zusammenstellung ihrer Musik veröffentlicht, die sie zum Glück nicht „The Best Of“ nennt, denn die größtenteils ruhigen, oft sehr melancholischen Songs weisen zwar viel Gefühl, aber nicht wirkliches Hitpotenzial auf.
Hört man allerdings den Namen der norwegischen Band THE 3RD AND THE MORTAL - der die Sängerin von 1992 bis 1995 ihre Stimme lieh - dann steigt ihr Wiedererkennungswert schlagartig, da die ehemaligen Trip-Hop- und Funeral-Doom-Musiker sogar als Vorbilder für NIGHTWISH und THE GATHERING dienen. Mit den fünf Kari-Solo-Alben aber hat deren Musik nur noch sehr entfernt etwas zu tun.
Auf „The Collection“ finden sich von allen fünf Solo-Alben zwischen zwei bis vier Songs, wobei ihr erstes, für den norwegischen Grammy nominiertes „Spindelsinn“ aus dem Jahr 1997 die stärkste CD-Gewichtung erhält. Vorrangig lebte das Album von romantischem, norwegisch gesungenem Folk und war recht spärlich instrumentiert.
Das ein Jahr später erschienene „Mesmerized“ klang schon deutlich moderner und keybaordlastiger, wobei auch immer stärkere Ähnlichkeiten zu TORI AMOS auffallen, was auf „Make Me A Stone“ und „My Lover“ unüberhörbar ist.
Von dem drei Jahre später erschienenem „Pilot“-Album - das am deutlichsten im Fahrwasser von TORI AMOS schwimmt und auch intensiver akustische Gitarren mit einbezieht - haben es mit „River“ und „Exile“ gerade zwei Songs auf „The Collection“ geschafft. Diese klingen im Vergleich zu den anderen Titeln der Auswahl eigentlich am interessantesten, da sie auch die experimentierfreudigsten und elektronischsten sind. Bedauerlich, dass gerade „Pilot“ auf „The Collection“ die geringste Berücksichtigung fand.
Allerdings wurde dann nach „Pilot“ die Experimentierfreude größtenteils ad acta gelegt, um mit „Other Peoples Story“ wieder zu dem gewohnt balladesken Folk der beiden ersten Alben zurückzukehren, wobei auf „Fishing“ besonders der anfängliche Solo-Gesang beeindruckt und auch hier noch ein paar elektronische Spielereien entdeckt werden können.
Doch danach war erst einmal fast zehn Jahre lang nichts mehr von der Norwegerin zu hören, bis sie mit „Time To Tell“, einer ruhigen, akustischen und zugleich sich am stärksten dem Pop öffnenden CD, überraschend 2014 wieder ein musikalisches Lebenszeichen von sich vernehmen ließ. Eine ausführliche, sehr empfehlenswerte Kritik von meinem Kollegen Andreas Schulz zu diesem Album ist auch auf unserer Seite zu entdecken.
FAZIT: Nordische Melancholie gepaart mit einer weiblichen Stimme, die sauber in den höchsten und auch tiefen Tonlagen zu überzeugen weiß, kann auf „The Collection“ genossen werden. Ein Album, durchaus dafür geeignet, uns auf das Weihnachtsfest einzustimmen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.11.2014
Kari Rueslåtten
Eigenvertrieb
46:00
01.10.2014