Benannt nach einer Kurzgeschichte des Science-Fiction-Autoren Ray Bradbury (und das noch bevor die Indie-Rocker BRITISH SEA POWER ihr 2013er Album ebenfalls danach tauften), streben MACHINERY OF JOY nach der paranoiden Färbung klassisch-philosophischer Dystopien, die sich mit Gesellschaftssystemen auseinandersetzen, bei denen die Kältestarre präziser Ameisenhügelorganisationen eingesetzt hat oder die sogar konkret von Mensch-Maschine-Symbiosen bestimmt sind. Neben Bradbury lassen Philip K. Dick, George Orwell und Aldous Huxley grüßen.
Sprich, „On The Verge Of Sleep“ ist um emotionale Kälte bemüht – in dem Anliegen, den Wert menschlicher Emotionen ausgerechnet durch ihre Abwesenheit zu betonen. Ein Gemisch aus Ambient, Elektronik, Psychedelic, Kraut, Noise, Dark Wave und Shoegaze soll dabei behilflich sein und bringt in sieben Stücken stilistisch und qualitativ Unterschiedliches zu Tage. Als Konstante dient Laura Noszczyks expressionistischer Gesang, der schallend eher den Hintergrund füllt und wie ein Echo klingt, das mal wie durch einen Heizungsschacht aus dem Nebenraum zum Hörer getragen wird, mal als zarte Ahnung im Hintergrundnebel verschwimmt. Abgesehen von ihrem sehr konkreten, repetitiven „Final Destination“-Refrain auf „Limbo“ hält sie sich insgesamt eher im Hintergrund und lässt den Synthesizer an die erste Geige. Das Schlagzeug fungiert als reiner Rhythmusregulator, die Gitarre erzeugt in der Regel einen Zerrwall, wenn sie nicht kurz aufheult, um die fehlende Wärme zu betrauern.
Bis zum 5. Titel werden innerhalb des angedeuteten Stilkomplexes immer wieder andere Nischen beleuchtet, wobei das leicht an NORTH ATLANTIC OSCILLATION erinnernde „Dementia“ als Highlight hervorsticht. Das zehnminütige „Solar Storm“ gönnt sich dann erstmals einen breiteren Spannungsbogen und steigt über atmosphärische Effekte sehr langsam ins Hauptmotiv ein, das in ähnlicher Form auch auf einem NOSOUND-Album Platz finden könnte. Auch das abschließende „Lamia“ reicht nahezu an die 10-Minuten-Marke, erstmals mit reduzierten Elektronikflächen. Raschel-Percussion, tiefe Bläser, Akkordeon und fragiler Gesang bilden gemeinsam eine intimere Grundstimmung als sie bis dato zu hören war.
Dass MACHINERY OF JOY nicht nur eine Zitaterie der Roman- sondern auch längst der Musikwelt betreiben (THE CURE, KRAFTWERK und Konsorten seien nur ganz generalisierend erwähnt), mag ihren Innovationsgrad gehörig zurechtstutzen; einem Trend folgt das Quartett aus Dänemark deswegen aber nicht unbedingt. Musik in dieser Zusammensetzung existiert bereits, auch durchaus in noch besserer Umsetzung, allerdings müsste man dazu schon etwas tiefer graben.
FAZIT: „Joy“ bitte nicht falsch interpretieren, sondern auch das „Machinery“ davor mitlesen: Musikstile, die als kühl und distanziert empfunden werden, greifen MACHINERY OF JOY nach Gutdünken auf, um sie ganz klassisch mit traditionellen dystopischen Stoffen zu verbinden. Der insgesamt geisterhafte, in gewissem Sinne tote Klang der Platte ist dennoch durchgehend von einer gewissen Sehnsucht durchzogen, so wie ein apokalyptischer Science-Fiction-Film die Auslöschung dessen betrauert, was in unserer Realität noch als Alltag gilt. Überraschen kann dieser Ansatz leider längst nicht mehr, wohl aber ist „On The Verge Of Sleep“ immer mal wieder gut für einen Moment wohligen Schauerns.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.10.2014
Laura Noszczyk
Kenni Moller
Laura Noszczyk, Jan Kromann
Dennis Nicolaisen
Target Records
43:05
14.09.2014