Zurück

Reviews

Nachtmystium: The World We Left Behind

Stil: Melancholischer Black Metal

Cover: Nachtmystium: The World We Left Behind

"Never trust a junkie" - mit diesem Sample beginnt "Just One Fix", einer der größten Hits von Ministry. Ein einfacher Satz, der auf den Punkt bringt, wie man mit Blake Judd, dem Frontmann von NACHTMYSTIUM umgehen sollte. Der nämlich hat das Leben "on the road" nicht so richtig in den Griff bekommen und landete in der Drogensucht. Die er unter anderem damit finanzierte, dass er den Leuten übers Internet Platten verkaufte, die aber nie lieferte. Kurz gesagt: er hat sich seinen Ruf gründlich ruiniert. Infolgedessen (und nachdem ihm seine Band abhanden gekommen war) beschloss er, ein allerletztes Kapitel von NACHTMYSTIUM zu schreiben, die Band danach an den Nagel zu hängen und in seinem Leben aufzuräumen. Das ist die Kurzfassung der Vorgeschichte zu "The World We Left Behind".

Unter dem Aspekt, dass dieses Album das letzte sein würde, hat es eine Ausnahmestellung. Musikalisch, wie inhaltlich. In den Texten geht Judd erstaunlich offen mit seiner Drogenproblematik, den Auswirkungen und dem Weg aus diesem Sumpf um. Unterstellt, dass er das alles ernst meint, ist diese ungeschönte Selbstreflektion beeindruckend und anrührend. Musikalisch wird das durch einen tief melancholischen Unterton untermauert, der hier und da ein wenig plakativ, fast schon kitschig, sein mag, aber seine Wirkung nicht verfehlt - zumindest wenn man auf ein so ausgeprägtes Moll steht. Dass die Songs dabei beinahe durchgängig höchst eingängig sind, mag man als oberflächlich empfinden, dadurch gehen sie aber ohne große Anlaufzeit ins Ohr und Herz. "The World We Left Behind" wirkt dadurch deutlich kompakter, als "Silencing Machine", gleichzeitig geht dadurch aber auch ein bisschen der Wahnsinn verloren, der die Musik von NACHTMYSTIUM seit jeher kennzeichnete.

"The World We Left Behind" ist dadurch ein Album, das polarisiert. Dass Judd ein herausragender Songwriter ist, macht so gut wie jede der Nummern deutlich, allein schon, weil es von traumhaft schönen Selbstmord-Melodien nur so wimmelt. Die Offensichtlichkeit des Materials mag Leute, die einen anderen Zugang zu extremer Musik haben, dagegen langweilen. Zugegeben, Judd drückt hier schon ordentlich auf die Tränendrüse - bei den einen funktioniert das, bei anderen nicht.

FAZIT: Als Abschiedsalbum funktioniert "The World We Left Behind" ganz hervorragend und ist knappe und höchst subjektive 13 Punkte wert. Aber...

"Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, selbst wenn er dann die Wahrheit spricht" lautet ein Sprichwort, mit dem Judd sich in Zukunft noch öfter konfrontiert sehen dürfte. Es heißt, dass er wieder angefangen habe, rare Platten zu "verkaufen", er hat in einem Interview gesagt, dass NACHTMYSTIUM doch nicht beendet seien, sondern nur ein Kapitel der Band und sah sich vor kurzem genötigt, ein Statement bei Facebook zu veröffentlichen, mit dem er erklärte, warum es zu Verzögerungen bei der Auslieferung der neuen Platte käme... Das alles hat natürlich einen extrem faden Beigeschmack und im Grunde genommen weiß man nicht, was Sache ist und was man Judd derzeit glauben kann und was nicht. Irgendwie tragisch...

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.08.2014

Tracklist

  1. Intrusion
  2. Fireheart
  3. Voyager
  4. Into The Endless Abyss
  5. In The Abscense Of Existence
  6. The World We Left Behind
  7. Tear You Down
  8. On The Other Side
  9. Epitpah For A Dying Star

Besetzung

  • Bass

    John Porada

  • Gesang

    Blake Judd

  • Gitarre

    Scare Crow, Blake Judd

  • Keys

    Dustin Drenk, Blake Judd

  • Schlagzeug

    Sam Shroyer

Sonstiges

  • Label

    Century Media/EMI

  • Spieldauer

    54:40

  • Erscheinungsdatum

    04.08.2014

© Musikreviews.de