NATHAN MAHL stellen Freunde ihrer Musik grundsätzlich auf harte Geduldsproben! Seit 2003 lassen sie uns jahrelang auf neue Studio-Alben warten und plötzlich tauchen sie aus der Versenkung auf, präsentieren, mal nach 5, mal nach 7 Jahren, ein neues Album und werden wohl bald wieder von der Bildfläche verschwunden sein.
Mit „Justify“ allerdings hinterlassen sie diesmal nicht wirklich ein großes Achtungszeichen. Es bleibt viel eher ein kleines Fragezeichen über - hätten sich die Kanadier vielleicht noch etwas mehr Zeit mit ihrem Album lassen sollen?
Eine große, beinahe unerklärliche Besonderheit weist „Justify“ beim Lesen der Besetzungsliste auf. Als Gast wirkt auf dem letzten Song dieses insgesamt recht hart gehaltenen Prog-Albums, zwischen Fusion bis Jazz mit viel E-Gitarre und Bass, aber auch metallischen und hardrockenden Sequenzen, ANDREW LATIMER mit. Der Kopf von CAMEL spielt bekanntermaßen mehr in den neoprogressiven Gefilden, welche aber auf „Justify“ wenn überhaupt, dann nur sehr schwer zu entdecken sind.
Ein dicken Minuspunkt gibt‘s auch auf die Produktion von „Justify!
Dumpf und dünn, aber keinesfalls auf der Höhe der Zeit, klingen die von 2009 bis 2013 in Eigenproduktion aufgenommenen sieben Tracks, die im Nachhinein zwar noch ein Mastering erhielten, welches aber nicht sehr viel mehr aus der insgesamt doch recht anspruchsvollen Musik herausholt. Da sich aber gerade der Prog ja als eine ganz spezielle, der E-Musik am nächsten stehende Rockmusik versteht, sollte unbedingt auch die Produktion solchen Ansprüchen genügen. Auf „Justify“ ist das nicht der Fall und bereits nach dem ersten Kopfhörerdurchgang fällt die CD gnadenlos durch.
Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist der Gesang auf „It Tolls For Thee“, „Ballad Of An Angry Man“, „Justify“ und „Infinite Light“. GUY LEBLANC versucht zwar sein Bestes, aber wirklich gut ist das noch immer nicht, auch wenn sich die Gitarre auf „It Tolls For Thee“ redlich bemüht, dem Song ein floydianisches Lebensgefühl einzuhauchen.
Hier kommt durchaus auch der Wunsch auf, lieber ein komplettes Instrumentalalbum von den Kanadiern angeboten zu bekommen, statt eine CD mit durchschnittlichen Texten, die von einem ebenso durchschnittlichen Sänger dargeboten werden. Entweder werden die Jahre bis zum nächsten Album genutzt, um einen charismatischen Sänger mitmischen zu lassen, oder man verzichtet gleich ganz auf den Gesang - denn die instrumentalen Fähigkeiten der Musiker sind, gerade in den vielen Jazz-Rock-Zutaten bis hin zum Canterbury, durchaus beachtlich.
„My reason for living / In all that I‘m giving / All that I am, through the music I write.“ Mit diesen Zeilen endet die CD und natürlich bekommen wir gleich noch durch Latimers Gitarre ein versöhnliches CAMEL-Gefühl mit auf den Weg. Nur würde mir „Justify“ nicht wirklich einen Grund geben, mich mit solcher Musik am Leben zu halten - da gibt es vieles, was deutlich besser ist, als dieser schwach produzierte progressive Jazz-Rock mit überflüssigem Gesang.
FAZIT: Ungewohnt hart präsentiert sich NATHAN MAHL auf ihrem neusten Album „Justify“. Das allein reicht aber noch nicht, um aus der Vielzahl progressiver Rockalben herauszuragen. Weniger Härte und mehr Feingefühl für‘s Detail hätten „Justify“ wohler getan!
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.09.2014
Don Prince, David Campbell
Guy LeBlanc
Tristan Vaillancourt, David Campbell
Guy LeBlanc
Guy LeBlanc
Andy Latimer (Gitarre auf "Infinite Light"), Shirley Glaser (Background Vovals)
Unicorn / Just For Kicks
50:30
19.08.2014